Kunstmuseum Moritzburg Kunstmuseum Moritzburg: Chemnitzer wird neuer Museumsdirektor in Halle

halle (Saale)/chemnitz/MZ - Noch jünger war bei seinem Amtsantritt mit 28 Jahren nur Max Sauerlandt. Aber der designierte, 37-jährige neue Direktor des Landeskunstmuseums Moritzburg, Thomas Bauer-Friedrich, teilt mit seinem legendären Vorgänger allem Anschein nach dessen jugendliche Frische in Auftritt und Erscheinung. Und nicht nur das: Als Kunsthistoriker hat auch sein Name Klang auf dem Gebiet der Klassischen Moderne. Vor allem zu Otto Dix hat er Erkenntnisse beigesteuert, sowohl als Ausstellungsmacher als auch als Wissenschaftler.
Schließlich und endlich heißt seine gegenwärtige Wegstation Chemnitz: Dort hat er das Museum Gunzenhauser seit 2004 mit aufgebaut, zuerst als Volontär, und 2007 gleich als erster Direktor, unter den Fittichen der Generaldirektorin Ingrid Mössinger.
Mehrere Fürsprecher im wissenschaftlichen Beirat der Moritzburg
Keine schlechte Schule, wird man bei der Findungskommission gedacht haben, als die sich Anfang November nach bundesweiter Ausschreibung für ihn entschied. In höheren Fachkreisen schon bestens eingeführt, traf er zudem bei den Kommissionsmitgliedern aus dem wissenschaftlichen Beirat der Moritzburg auf mehr als einen Fürsprecher: zum einen Ingrid Mössinger selbst, zum anderen Olaf Peters, den Direktor des Kunsthistorischen Instituts der Universität Halle. Peters wirkte bei den Chemnitzer Dix-Ausstellungen mit und war Referent auf der dortigen Tagung zum Landschaftswerk des Malers.
Angesprochen auf den Karriereschritt seines Fachkollegen, nennt Peters dessen Auftritt vor der Kommission als ausschlaggebend. „Bauer-Friedrich hat sich sofort hineingedacht in die Situation der Moritzburg.“ Ohne ausführlicher werden zu wollen, fügt er an: „Er machte konkrete Vorschläge zur Neuordnung der Sammlung.“ Antriebskraft, Ausstrahlung, Auf-die-Leute-Zugehen: All das sieht Peters in ihm. „Das ist eine gute Wahl für die Moritzburg“ – und das ist umso mehr zu hoffen, da sie in der kurzen Ära von Direktor Michael Freitag gerade begonnen hat, sich aus den bekannten Tiefpunkten herauszuarbeiten: Den vom Rechnungshof gerügten Zuständen in Depot, Bauzustand, Bestandserfassung und nicht zuletzt der dramatisch schwindenden öffentlichen Wahrnehmung, medial und im Besucherzuspruch.
"Es ist eine wunderbare Aufgabe"
Das ist dem Amtsanwärter natürlich nicht unbekannt. Schreckt es ihn? Er lacht, als er am Telefon diese Frage ohne jedes Zögern mit „Nein!“ beantwortet. „Es ist eine wunderbare Aufgabe“, sagt er, „sie muss gelingen mit den Kollegen vor Ort.“
Auf Fragen nach seinen inhaltlich-konzeptionellen Ansätzen will er sich auch auf mehrfaches Bitten nicht einlassen. „Es ist vorerst noch zu gewagt, etwas Inhaltliches zu sagen, ich bitte um Verständnis.“ Raumkonzepte zu erörtern sei auch wegen der Probleme durch die Übernahme des Depots im Augenblick nicht möglich, außerdem müsse er sein Konzept gemeinsam mit den Kollegen erarbeiten. „Was mich beeindruckt, ist der Neubau, ohne Frage, aber ich erkenne auch ein Auseinanderbrechen von neuem Flügel und Altbauten. Diese brauchen ebenfalls eine neue Wertschätzung.“
Immerhin äußert er „ein paar lockere Allgemeinideen“, wie er die Moritzburg positionieren will. Die kulturpolitischen Vorhaben im Land – Cranach, Reformation, Bauhaus – sollen sich im Programm finden, lokale Linien aus der Vergangenheit aufgegriffen werden so wie derzeit mit dem Gedenkjahr des Malers Carl Adolf Senff. „Und ich will eine lebendige zeitgenössische Kunstszene zeigen.“
Museumserfahrung und der spürbare Elan
Was er für die Aufgabe mitbringt, sind nicht nur die erwiesenen fachlichen Qualifikationen, die Museumserfahrung und der spürbare Elan. Darüber hinaus dürfte es von keinem geringen Wert sein, dass ihm der Umgang mit einem das Haus prägenden Sammler geläufig ist. In Chemnitz hat der Münchner Galerist Alfred Gunzenhauser überhaupt erst für das Museum der Klassischen Moderne gesorgt, dessen Leitung Bauer-Friedrich anvertraut war. In Halle wird die Zusammenarbeit mit Hermann Gerlinger eine seiner Kernaufgaben sein, umso mehr als große Teile des Museums nun erst einmal das Not leidende Depot aufnehmen müssen.
Aber angesichts seiner jugendlichen Frische wird Bauer-Friedrich die Gestaltungskraft vermutlich so schnell nicht ausgehen. Immerhin hat ihn sein Weg seit dem Studium in Leipzig immer wieder in die Praxis geführt: 2002 war er Mitarbeiter in der Besucherbetreuung am Bauhaus Dessau, in Chemnitz wirkte er danach schon an der legendären Picasso-Ausstellung mit, war dann Mitarbeiter in einer auf Fotografie spezialisierten Galerie in London, bevor er dem Ruf nach Chemnitz folgte. Dort hat er inzwischen geheiratet, doch dürfte ihm die Umsiedlung nach Halle nicht schwer fallen, kehrt der gebürtige Dessauer doch beinahe in die Heimat zurück. Erst recht muss die sich nun würdig erweisen. „Ich kann nur appellieren“, sagt Olaf Peters, „dass alle bereit sind, ihn zu unterstützen.“
Stiftung will Museumsdirektor nicht hineinreden
Bei der Stiftung Dome und Schlösser, zu der die vormals unabhängige Stiftung Moritzburg seit diesem Jahr gehört, hält man das für selbstverständlich. „Die immer wieder geäußerten Befürchtungen, die Stiftung würde dem Museumsdirektor hineinreden, sind gänzlich unbegründet“, sagt Verwaltungsdirektor Klaus Rokahr. „Im Gegenteil, entlastet von allen Verwaltungsaufgaben, und mit eigenem Budget, kann sich der Direktor viel besser um die Inhalte kümmern.“ Darauf vertraut auch Bauer-Friedrich: „Die Zusage ist, dass ich in der inhaltlich-künstlerischen Gestaltung völlig freie Hand habe.“ Bahn frei also im neuen Jahr für den neuen Direktor. Ein gespanntes Publikum erwartet ihn, und es darf auch wieder mehr werden.