Kunsthandwerk Kunsthandwerk: Einzige deutsche Gobelin-Manufaktur befindet sich in Halle

Halle/dpa. - In der Staatlichen Textil- und Gobelinmanufaktur in Halle pflegen Weberinnen, Stickerinnen und Restauratorinnen Jahrhunderte altes Handwerk. «Es ist die letzte Produktionsstätte für Gobelins in Deutschland», sagt der Malerei- und Textil-Professor Ulrich Reimkasten von der halleschen Hochschule für Kunst und Design BurgGiebichenstein. Nur noch wenige Gobelin-Manufakturen gibt es inFrankreich, vereinzelte Werkstätten kennt Reimkasten auch in Italien und Spanien. Auch die Zahl der Handwebereien, die Gebrauchstextilien wie Tischwäsche und Kissenbezüge fertigen, ist in den vergangenen Jahren bis auf wenige Dutzend in ganz Deutschland zurückgegangen.
Entstanden 1961 aus einem kleinen Betrieb für Weberei, Täschnerei und Fahnenstickerei entwickelte sich die Werkstatt in Halle unter der Initiative des Malers Willi Sitte zu einer Ausbildungsstätte für Absolventen der halleschen Hochschule. Noch heute entstehen in der Hinterhof-Werkstatt Gobelins, handgeknüpfte Bodenteppiche undApplikationsstickereien. Museen und Verwaltungen bringen alteTeppiche zur Restauration. «So viele Textilhandwerke unter einemDach, das ist heute in ganz Europa einzigartig», ist sichGeschäftsführerin Jana Wolter sicher.
«Zu DDR-Zeiten knüpften und webten hier 89 Beschäftigte», erzähltWolter, heute sind es nur noch 11. Vor Gobelin-Aufträgen konnte sichdie Werkstatt früher kaum retten, die Messe Leipzig bestelltekräftig, aber auch die Regierung und Kunden aus dem Ausland. So wiegewaltige Mosaiken und Glaskunst-Fenster zählten die Wandteppiche zuden repräsentativen Kunstwerken, die aus großen Festsälen und denEingangshallen der Staatsgebäude nicht wegzudenken waren.
Heute ist die Nachfrage nach Gobelins auf ein Minimum gesunken,die Preise sind wegen der arbeitsintensiven Technik hoch. «Es sinddie Arbeitsstunden, nicht die Materialkosten», sagt auch Wolter. Sokostet ein Teppich in Hochwebtechnik - im Unterschied zurFlachweberei verlaufen die Kettfäden hochkant vor dem Weber - bis zu18 000 Euro pro Quadratmeter. Dabei kommt es darauf an, ob nur einFaden oder mehrere gleichzeitig verwebt werden, was schneller geht.
Das meiste Geld verdient die Textilmanufaktur mittlerweile mit derRestauration von Bildteppichen. Gerade werden im Auftrag derSchlösserverwaltung München zwei so genannte Tapisserien repariert,die demnächst als Prunkstücke im Kaiserzimmer der Bamberger Residenzhängen sollen. Die Werke «Chinesische Kaiserin» und «Der Großmogul»entstanden 1734 in einer Manufaktur im französischen Beauvais, die imUnterschied zur «Manufacture des Gobelins» in Paris nicht für denköniglichen Hof sondern für Privatkunden fertigte. In der Werkstattunterlegen und sichern die Handwerkerinnen die über die Jahrezerschlissenen Ränder, eingefügt wird aber nichts. «Das würde demalten Gewebe mehr schaden als nutzen», meint Wolter.
Doch beim Flicken und Ausbessern soll es nicht bleiben. Wolterwill neue Vertriebswege aufbauen. In gut 200 Geschäften will sie mitTischwäsche, Vorhängen, Gardinen und anderen Produkten aus derHandweberei vertreten sein, bisher sind es erst 15 Läden. «Und wenndas läuft, dann stelle ich wieder jemanden ein», sagt dieGeschäftsführerin, «das ist mein Ziel».