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Kunst und Geschichte Kunst und Geschichte: Erste Breker-Personalausstellung seit 1945

Von Iris Leithold 08.07.2006, 15:06
Der Chef des Schleswig-Holstein-Hauses in Schwerin, Rudolf Conrades, bereitet am Donnerstag (06.07.2006) die Büsten von El Sadat, Arno Breker und Jean Cocteau (v.l.) für eine Ausstellung vor. (Foto: dpa)
Der Chef des Schleswig-Holstein-Hauses in Schwerin, Rudolf Conrades, bereitet am Donnerstag (06.07.2006) die Büsten von El Sadat, Arno Breker und Jean Cocteau (v.l.) für eine Ausstellung vor. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Schwerin/dpa. - Die einen sehen in ihm ausschließlich den Hitler-Günstlingund bezeichnen seine Arbeiten als Machwerke ohne künstlerischen Wert,die unter Verschluss gehören. Für die anderen ist er einer der großenBildhauer des 20. Jahrhunderts. Das Schleswig-Holstein-Haus inSchwerin (Mecklenburg-Vorpommern) wagt nun vom 22. Juli bis 22.Oktober die erste allein Breker gewidmete Ausstellung seit 1945.Unter dem Titel «Zur Diskussion gestellt: Der Bildhauer Arno Breker»sollen rund 70 Skulpturen gezeigt werden. Die Exponate werden von derWitwe Brekers zur Verfügung gestellt.

Zur Ausstellung, die bereits vor ihrer Eröffnung kontroversdiskutiert wird, erscheint ein 191-seitiger Begleitband mitkritischen Essays. Darin verteidigt der langjährige Chef desAusstellungshauses, Rudolf Conrades, sein Projekt: «Einer souveränen,selbstbewussten Demokratie ist die Tabuisierung einer schwierigen,aber doch nicht abzuleugnenden Kunstperiode der eigenen Geschichteweder würdig noch förderlich.»

Der neue Präsident der Akademie der Künste, Klaus Staeck, siehtdas allerdings ganz anders. Er sagte aus Protest gegen die Breker-Ausstellung eine für 2007 angebotene Schau eigener Werke in Schwerinab. «Es besteht der Verdacht, dass in Schwerin in Wahrheit an derRehabilitation Brekers gearbeitet wird», sagte er der «SchwerinerVolkszeitung» (Samstag).

Die Ausstellungsstücke repräsentieren alle SchaffensphasenBrekers, der sich zunächst stark an den Franzosen Rodin und Maillolorientierte, wie die Kunsthistorikerin Claudia Schönfeld imBegleitband darlegt. Als Beispiele für diese Phase - Breker lebte von1927 bis 1932 auch in Frankreich - werden unter anderem diePorträtbüste «Romanichel» und die Skulptur «Die Flehende» gezeigt. Essind einfühlsame Werke, die im Gegensatz zu den heroischen Skulpturenmit glattpolierter Oberfläche stehen, die er ab der zweiten Hälfteder 30er Jahre für die Nazis schuf.

Aus dieser Zeit werden unter anderem die 2,20 Meter hohenSkulpturen «Der Wager» und der «Der Wäger» gezeigt, die Breker fürdie Neue Berliner Reichskanzlei angefertigt hatte. Doch auch in derZeit des Dritten Reichs machte er feinsinnige Skulpturen in seinem«französischen» Stil, wie eine Büste Aristide Maillols von 1943, dieden alten Künstler höchst sensibel wiedergibt. Aus der Nachkriegs-Ärasollen unter anderem eine Büste und Skulptur seines langjährigenFreundes Jean Cocteau und die Porträt-Büste des ersten BundeskanzlersKonrad Adenauer zu sehen sein.

Die Gegensätze in Werk und Leben Brekers bemühen sich Ausstellungund Begleitband deutlich zu machen. So ließ sich Hitlers eitler wieehrgeiziger Lieblingsbildhauer mit einem Traum-Atelier inJäckelsbruch bei Berlin sowie mit einem Jahresgehalt von einerMillion Reichsmark ausstatten, wie der Historiker Bernd Kastenschreibt. Vieles spreche dafür, dass Breker tatsächlich einüberzeugter Nationalsozialist gewesen sei. Allerdings soll Brekerauch, wie in dem Band zu lesen ist, sein persönliches Verhältnis zuHitler genutzt haben, um Verfolgten zu helfen. Ein Beispiel sei dieJüdin Dina Vierni, die Lebensgefährtin von Maillol.

Kurator und Autoren wollen eine Diskussion anstoßen und zuweiterer Forschung anregen, wie immer wieder betont wird. Bei manchemstößt dies allerdings auf komplette Ablehnung. So bemerkte dieDirektorin des Staatlichen Museums Schwerin, Kornelia von Berswordt,in der Presse, sie sehe an den Arbeiten Brekers «gar keineKunstaspekte». Sie halte es zudem für «grob fahrlässig», eine solchePräsentation im Vorfeld der Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommernam 17. September zu machen. Bei der Wahl wird der Einzug derrechtsextremen NPD in das Parlament befürchtet.