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Kunst Kunst: Novalis sucht die Sachsen-Kohle

Von Christian Eger 30.07.2007, 19:24

Bad Dürrenberg/MZ. - Werner, der als Inspektor an der Sächsischen Bergakademie in Freiberg dient, bindet seinen Studenten Friedrich von Hardenberg (1772-1801) an das Unternehmen. Nach einem abgeschlossenen Jurastudium lässt sich der in Oberwiederstedt bei Hettstedt geborene Freiherr an der Bergakademie unterrichten - im Blick auf einen Verwaltungsposten irgendwann. Ende 1799 wird er zum Salinen-Assessor befördert, also zum Anwärter auf eine höhere Beamtenlaufbahn im Salzbergbau.

Von Mitte 1799 an ist Hardenberg, der unter seinem Dichter-Namen Novalis zu Weltruhm gelangen soll, im Auftrag Werners unterwegs, um den Raum Halle-Leipzig-Weißenfels-Zeitz auf verwertbare mineralische Bodenschätze abzusuchen. Welchen Weg Hardenberg als Braunkohle- und Salz-Pfadfinder zurücklegte, ist in einer Sonderausstellung im Borlach-Museum in Bad Dürrenberg zu erfahren. Unter dem Novalis-Zitat "Der ist der Herr der Erde, wer ihre Tiefen mißt" bündelt die kleine Schau Blicke auf Kunst, Natur und Wissenschaft. Und das an einem Ort, den Hardenberg selbst betreten hat: der 1764 nach einem Entwurf von Johann Gottfried Borlach errichtete Sole-Förderturm. Ein eindrucksvolles, malerisch hoch über der Saale gelegenes Zeugnis früher mitteldeutscher Industriekultur.

Hardenberg hielt seine Schriftstellerei ausdrücklich für eine Nebensache, die Hauptangelegenheit sei das praktische Leben. In diesem wanderte er - wie eine Skizze in der Ausstellung zeigt - in der ersten Junihälfte 1800 von Zeitz aus über Gera, Ronneburg und Meuselwitz. Stille, damals weithin stark bewaldete Flächen, in denen die Braunkohle nur dann abgetragen wurde, wenn deren Flöze in geringer Tiefe lagen oder an Hängen ausstrichen. Neben Dokumenten und Schaustücken zur geologischen Novalis-Exkursion bietet die Schau Werke von zwei Künstlerinnen, die ihrerseits auf die Landschaft und deren romantischen Sänger blicken. So zeigt Irene Buchanan, Lehrbeauftragte an der Fachhochschule Merseburg, Druck-Variationen zu Motiven wie "Solefluss" oder "Solekristalle", die als einfacher und gefärbter Holzschnitt sowie als gerastertes Foto jeweils wechselnde Kristallisationen sichtbar machen.

Die hallesche Künstlerin Susanne Berger bespielt mit strahlkräftigen Pastellen und Collagen eine ganze Kammer des Soleturmes. Großformatige Kohlezeichnungen sind da zu sehen, die unter dem Titel "Erdlicht" oder "Kleiner Kosmos" das wieder zusammenklingen lassen, was Hardenberg in seiner Realität als Bergbeamter strikt von der Wirklichkeit des Dichters Novalis trennte. Aus stillgelegten Halden und ruinierten Salzsiedehäusern zusammengetragene Objet trouvés - gefundene Gegenstände - bringen ein metaphysisches Summen in die Schau: uralte hölzerne Fensterkreuze, ein aus Maschinenteilen und Schieferbruch zusammengesetzter Kupferengel. Hinterlassenschaften der Zeit allesamt, die wie der Bergbau ihre offenen oder geschlossenen Stollen hat.

Borlach-Museum in Bad Dürrenberg, Borlachplatz 1: Sa 14-17, So 10-12 und 13-17 Uhr