Kunst in der DDR Kunst in der DDR: Zwei Jahre Berufsverbot wegen «Verbildung des Bewusstseins»
Schwerin/dpa. - Weil er sich «mehrere solche Sachen geleistet hatte», bekam Maletzke ein zweijähriges Berufsverbot wegen «Verbildung des Bewusstseins der Menschen».
Noch bis zum 26. Juni sind Kunstwerke von Maletzke und anderenDDR-Künstlern im Schweriner Schleswig-Holstein-Haus zu sehen.Darunter sind auch einige Grafiken von Karl Heinz Effenberger. Ermachte ganz andere Erfahrungen mit der Auftragskunst in der DDR. «Wirhatten absolute Narrenfreiheit. Ob wir einen Auftrag angenommen undwie wir ihn ausgeführt haben, das war unsere Sache.» Auftraggeberwaren meist die Freie Deutsche Jugend oder der FDGB, der FreieDeutsche Gewerkschaftsbund. Künstler in der DDR zu sein, sagt der 76-Jährige, bedeutete eine Sonderstellung: «Wir bekamen eigeneAusstellungen und durften Vorträge in Betrieben halten.» Von derBezahlung für Auftragswerke konnten alle leben, sagt Effenberger.Helmut Maletzke, heute Leiter der Greifswalder Kunsthalle«Pommernhus», spricht sogar von «goldenen Zeiten».
Mit der Wende vor 15 Jahren verschwanden die meistenAuftragswerke. Einige Objekte gingen in Privatbesitz über. Die ausDDR-Zeiten übrig gebliebene Kunst wie Gemälde, Zeichnungen, Grafikenund Skulpturen wurde im brandenburgischen Beeskow gesammelt. In einemalten Getreidespeicher werden dort rund 14 000 Werke aus den DDR-Nordbezirken Rostock, Schwerin und Neubrandenburg aufbewahrt.
Bernfried Lichtnau, Professor für Neue Kunstgeschichte an derUniversität Greifswald, hat mit Studenten eine Auswahl der Kunstwerkegetroffen. «Da sind Bilder dabei, die ganz typisch waren für dieAuftragskunst in der DDR», sagt die Kunsthistorikerin ClaudiaSchönfeld. Die arbeitende Bevölkerung sollte im Mittelpunkt desBetrachters stehen, ein Landschaftsbild ohne Arbeiter fiel bei denAuftraggebern meist negativ auf. Atmosphärische Akzente warenunerwünscht, die Obrigkeiten bevorzugten klare Linien. Erst unterDDR-Staatschef Erich Honecker «waren Weite und Vielfalt erlaubt,haben sich die Bilder etwas verändert», erklärt Schönfeld.
Die Ausstellung mag dem Betrachter vor Augen führen, wie Künstlerin der DDR die von ihnen abverlangten Themen umzusetzen versuchten.Über das Leben der Künstler, ihre Biografien, erfährt der Besuchernichts. «Das tut mir am meisten weh», sagt Effenberger. Er hätte esgern gesehen, wenn man den Besuchern Begriffe wie «Auftragskunst»erklärt hätte. Oder die Bedeutung des Titels der Ausstellung:«Vorwärts und nicht vergessen...». Welcher «Wessi» wisse schon, dasses das so genannte Solidaritätslied sei und der Text von BertoltBrecht stamme?
«Vorwärts und nicht vergessen...» lässt viele Fragen offen. Gab esbeispielsweise Künstler, die ihre Werke nach der Wende zurück habenwollten? Der eine oder andere, erzählt Professor Lichtnau, wollteseine Arbeiten wieder haben, «weil sie zu parteilich waren». AndereKünstler hätten sich von ihren Auftragswerken völlig distanziert.Karl Heinz Effenberger hat «nie daran gedacht», seine einst für dasDDR-Regime gefertigten Grafiken zurückzufordern. Auch sein KollegeMaletzke hat nie darauf gedrängt: «Ich habe damit abgeschlossen.»