Kulturstiftung Dessau-Wörlitz Kulturstiftung Dessau-Wörlitz: Ochs und Esel, Bär und Bison
Wörlitz/MZ. - Die kleinen Kostbarkeiten finden sich - gewissermaßen als geistliche Schmuggelware - zwischen Buchdeckeln oder in einer Streichholzschachtel, in leeren Nuss-Schalen oder gar unter der assoziationsreichen Hülle einer Passionsfrucht. Sie sind aus Ziegeln gebrannt oder aus Brotteig gebacken, aus Speckstein geschnitten oder aus Ebenholz geschnitzt. Bei allen historischen und geografischen Eigenheiten aber eint die Krippen aus der Sammlung des Altmärker Pfarrers Hartmut Förster, die nun im Küchengebäude des Wörlitzer Schlosses gezeigt werden, ihre frohe Botschaft. Selbst in der bunten Plastik-Fasson der Firma Playmobil kündet der Stern von Bethlehem nicht nur den drei Königen aus dem Morgenland: "Euch ist ein Kindlein heut' gebor'n . . ."
An der Reisegeschwindigkeit des Triumvirats, das mit Maria und Joseph traditionell an der Krippe gezeigt wird, misst die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz auch den Zeitraum der Ausstellung, die aus einer Kollektion von immerhin 417Exponaten aus 55Ländern gewählt wurde. Bis zum Dreikönigs-Tag kann man hier seine Weihnachtsstimmung verlängern - und neben kindlichem Vergnügen auch bedenkenswerte Impressionen gewinnen.
So fällt es auf, das in historischen Krippen etwa aus England nicht selten auch der dritte König dieselbe Hautfarbe wie seine beiden Weggefährten zeigt. Der Mohr, den die ikonografische Tradition eigentlich überliefert, passt offenbar nicht in postkoloniale Weihnachtsstimmung - während Krippen-Darstellungen aus Afrika umgekehrt gänzlich auf Gäste aus Europa verzichten. Dass solche Ebenholz-Schnitzereien aus Madagaskar oder Mali, aber auch die Lavaasche- und Jute-Modelle aus Lateinamerika konsequent auch als späte Folgen einer leidvollen Missionierung betrachtet werden müssen, sieht man ihnen indes nicht mehr an.
Der Stall vom Bethlehem als letzte Zuflucht für eine Schwangere und ihren Mann wird in jeder Sprache beschworen und in seiner ursprünglichen Bedeutung global verstanden - selbst als indianisches Tipi, vor dem statt Ochs und Esel freilich Bär und Bison lagern. Weil diese naiven Anverwandlungen oft authentischer wirken als kulturelle Stereotypen aus der Alten Welt, muss man auch nach der Zukunft der Weihnachtsgeschichte fragen, die nicht zuletzt in der Playmobil-Version einen heiklen Kommentar findet. Zwischen Porzellan, Glas, Gipsmaché und Metallguss aber beeindruckt vor allem eine Olivenholz-Gruppe aus Israel. Zwar sind auch hier Maria und Joseph nebst Kaspar, Melchior und Balthasar versammelt. In der Krippe aber liegt ein Kind, dessen Haltung an einen Gekreuzigten erinnert.
Ausstellung bis 6. Januar, Di-So (außer Silvester) 9-16 Uhr