Kulturstiftung Dessau-Wörlitz Kulturstiftung Dessau-Wörlitz: Fürst Franz bleibt im Lande
Dessau/MZ. - Rein zahlenmäßig halten sich Verlust und Gewinn für beide Seiten die Waage, die qualitative Bewertung der am Dienstag unterzeichneten gütlichen Einigung zwischen der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz und dem Herzoglichen Haus Anhalt aber lässt sich nicht unmittelbar aus dem Volumen des Vertragswerkes ableiten. Während den Nachkommen des Fürsten Joachim Ernst von Anhalt-Dessau fünf Gemälde und einen Gobelin unverzüglich rückübertragen werden, behält die Stiftung sechs Gemälde von kunst- und kulturhistorischer Bedeutung bis zum Jahr 2010 als unentgeltliche Leihgaben in ihrem Bestand.
In diesem Zeitraum räumt die Fürstenfamilie den Leihnehmern ein Ankaufsrecht für die betreffenden Kunstwerke ein. Das klingt unspektakulär, ist aber hochsensibel: Auf der Basis des 1994 in Kraft getretenen Ausgleichsleistungsgesetzes hätten dem Herzoghaus Anhalt im Jahr 2014 ohnehin alle seine zwischen 1945 und 1949 enteigneten Besitztümer zurückgegeben werden müssen, was einen erheblichen Substanzverlust für die Kulturstiftung bedeutet hätte. Im Ergebnis der Verhandlungen muss man sich nun zwar beispielsweise von dem Wandteppich trennen, der nach Entwürfen von Peter Paul Rubens gefertigt und im Schloss Mosigkau gezeigt wurde. Im Gegenzug aber verbleiben der Stiftung Schlüsselwerke wie das Christian Friedrich Reinhold Lisiewsky zugeschriebene Porträt des Gartenreich-Gründers Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau.
Auch ein Bildnis der anhaltischen Fürstin Henriette Amalie zählt dazu. Die Chancen auf den Ankauf dieser bedeutenden Exponate, zu denen zudem Gemälde von Johann Friedrich August Tischbein und Anton Graff gehören, bewertet Stiftungsdirektor Thomas Weiss auch dank der moderaten Preis-Vorgabe von insgesamt rund 350000 Euro als relativ gut. Der Treuhänder des Herzoghauses, Wolf von Trotha, hofft indessen auf einen Modellcharakter dieser Einigung, mit der seine Klienten neben dem Gobelin u. a. Landschafts- und Genrebilder sowie ein Stillleben zurückgewinnen. Im Zuge der Enteignung durch die sowjetische Besatzungsmacht seien Kunstgüter aus dem Besitz von Joachim Ernst auch in den Bestand der Staatlichen Galerie Moritzburg Halle sowie des Schlosses Moritzburg Zeitz übergegangen, mit denen derzeit ebenfalls Verhandlungen geführt würden.
Mit der Stadt Dessau, die ebenfalls Verfügungsberechtigung über bewegliche Güter aus den fürstlichen Privatsammlungen habe, hätten hingegen noch keine konkreten Gespräche stattgefunden.
Wie positiv sich indes ein konstruktives Einvernehmen auswirken kann, zeigte gestern die Rückkehr eines "Beutekunst"-Gemäldes in das Gartenreich: Die "Teegesellschaft" von Abraham Snaphan hatte die anhaltische Fürstenfamilie als ehemaliger Besitzer aus einer laufenden Auktion heraus beschlagnahmen lassen, damit das Land Sachsen-Anhalt sie für die Kulturstiftung ankaufen konnte.