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Kulturstiftung des Bundes Kulturstiftung des Bundes: Angekommen. Mittendrin.

Von andreas montag 21.06.2012, 17:03

Halle (Saale)/MZ. - Zehn Jahre - ob ihr die Zeit nicht schnell vergangen ist? Hortensia Völckers sagt, die ersten Jahre hätten sie mit dem Aufbau der Stiftung zu tun gehabt, es ging um das Ankommen in einer Kunstlandschaft, "die ja vielfältig und reich angelegt ist - und nicht auf uns gewartet hat".

Es ging also um das Platznehmen, das Ankommen. Und auch um das Dämmen hochfliegender Erwartungen: "Jeder hatte eine Wunschliste, wie es vor Weihnachten ist." Völckers dankt ausdrücklich Julian Nida-Rümelin, dem damaligen Kulturstaatsminister dafür, dass er das Förderprofil der neuen Stiftung deutlich auf die moderne Kunst ausgerichtet hat. Damit war eine Klarheit geschaffen - und Raum, um Gestaltungsmöglichkeiten zu finden.

Für die Politik und den wechselseitigen Umgang miteinander findet die Direktorin Lob, das auffällig erscheint in Zeiten, da man sich oft gegenseitige Vorwürfe macht: Es gehe von beiden Seiten respektvoll zu, der Stiftungsrat, das oberste Gremium, verfahre streng, aber zuvorkommend mit der Stiftung, sagt Völckers. Sie empfinde große Achtung, ja Dankbarkeit, in einem solch kultivierten Zusammenhang arbeiten zu können: "Es ist eine kostbare Angelegenheit."

Ebenso froh ist sie über den Platz, den die Stiftung in Halle gefunden hat. Unaufgeregt sei das Ankommen gewesen in einer Stadt, die sich manchmal spröde gibt. Das ist Völckers nicht unangenehm: "Wenn man mehr als drei Sätze miteinander wechselt, lernt man einander schätzen."

In den Franckeschen Stiftungen, wo die Kulturstiftung behaust ist und im Herbst einen Neubau beziehen wird, fühlt sie sich gut aufgehoben - "mittendrin" auch durch viele Projekte, die in der Region entstanden sind. Bei der Beschäftigung mit dem Thema der schrumpfenden Städte etwa hätten sie und ihre Mitarbeiter wertvolle Erfahrungen sammeln können, Geschichten von Menschen gehört, die hier leben und so den eigenen Blick schärfen können.

Für sie, sagt Völckers, sei die Entscheidung für Halle als Heimstatt der Stiftung eine gute gewesen - besser, als wäre sie in einer großen Stadt wie München oder Stuttgart behaust.

Die Differenzen zwischen Ost und West würden sich, eine weitere gute Entwicklung Deutschlands vorausgesetzt, in der nächsten Generation erledigt haben, meint Völckers. Dann gehörten die Ignoranz mancher Westdeutscher, die von den kulturellen Schätzen des Ostens noch keine Notiz genommen haben, hoffentlich ebenso der Vergangenheit an wie die Sorgen, die viele Ostdeutsche in den Jahren nach dem Neubeginn umgetrieben und ihnen manchmal den Blick auf das Eigene verstellt haben mögen. "Entscheidend wird sein, ob wir hier attraktive Studien- und Arbeitsplätze haben", sagt Völckers.

Mit Tausenden geförderten Projekten, viele davon auch vor Ort, hat die Kulturstiftung des Bundes zweifellos ihren Anteil am Zusammenwachsen des Landes.

Große Vorhaben wie der Tanzplan für Deutschland stehen neben nicht minder ambitionierten kleineren. Völckers erinnert auch an die Schleef-Ehrungen in Sangerhausen, an das Werkleitz-Festival und natürlich an die "Cicadas", die seit gestern eine charmante Ahnung davon vermitteln, was ein Naturkundliches Museum in Halle leisten können wird. Die Zusammenarbeit mit Frank Steinheimer, "einem Engel", von der Martin-Luther-Universität ist dabei durchaus charakteristisch dafür, wie die Kulturstiftung "tickt": Der Schauspieler Hans Zischler, damals Jurymitglied der Stiftung, war auf den halleschen Wissenschaftler und seinen Traum aufmerksam geworden - so kamen die Dinge in Fluss.

"Unsere Projekte entstehen ja nicht im Labor", sagt Völckers, sie spricht von Netzwerken, die sie mit Künstlern in Deutschland und der Welt verbinden - auch beim jüngsten Plan, der Kulturstiftung nach Osteuropa und Südamerika nun auch Afrika stärker in den Blick zu nehmen, das noch immer "ein leeres Blatt" für viele Deutsche sei.

Wofür Hortensia Völckers regelrecht glüht: Kulturelle Bildung für junge Menschen soll möglich sein und bleiben. "Es geht nicht um einen einmaligen Museumsbesuch. Das ist hübsch, aber es bringt gar nichts", sagt sie. Tief drinnen muss es sitzen, "ankommen, damit man damit arbeiten kann für sich".