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Kulturpalast Kulturpalast: Bitterfelder Weg endet für viele Kunstwerke im Archiv

Von Günter Kowa 14.04.2005, 16:51

Bitterfeld/MZ. - Den Weg ins Exil traten damals auch die Gemälde und Grafiken an, die seit längerem schon in Landeseigentum übergegangen und als Leihgabe im Palast verblieben waren. Seitdem sind 50 Jahre DDR-Kulturgeschichte, die mit dem Bau eng verbunden waren, unwiderruflich auf mehrere Orte verstreut.

Das ist die eine Seite einer Entwicklung, die nicht nur in Bitterfeld für Irritation gesorgt hat. Es gibt aber auch eine andere Seite: Dies ist die Erfassung und Aufarbeitung der Bestände, die ironischerweise erst jetzt, mit dem Auszug aus dem Kulturpalast, ernsthaft einsetzt. Ein noch frühes Ergebnis war im Oktober des vergangenen Jahres die Ausstellung zum 50jährigen Jubiläum des Palastes: Auch die fand nicht an Ort und Stelle, sondern im Bitterfelder Rathaus statt.

Die Situation ist somit wenig befriedigend, auch wenn die einstigen Bestände für Forschungszwecke eher besser erreichbar sind als zuvor. Das Manko liegt weiter darin, dass der Palast und seine Geschichte in keinem Bezug mehr stehen. In Form schriftlicher Vereinbarungen mit der Stadt, auf die Bürgermeister Werner Rauball verweist, lehnte der Geschäftsführer der Chemieparkgesellschaft, Jürgen Preiss-Daimler, jegliche Verantwortung für das Kulturgut ab und öffnete das Haus auch nicht für die Ausstellung, so Rauball.

Davon will allerdings Juniorchef Kai-Uwe Preiss-Daimler, der das Veranstaltungsprogramm des Hauses organisiert, nichts wissen. Mit Nachdruck gibt er zu Protokoll, dass das Kulturgut - eine Kooperation mit der Stadt vorausgesetzt - sehr wohl im Palast hätte verbleiben können. Wenn Rauball diese Aussage auch bezweifelt, so nimmt er doch das Angebot von Preiss-Daimler junior aufmerksam zur Kenntnis, dem Haus sei an Ausstellungen gelegen und man biete der Stadt jede Zusammenarbeit an.

Die Stadt Bitterfeld freilich ist auf Kapazität von außen dringend angewiesen. Berliner Historikerinnen haben die Ausstellung betreut und mit der Erforschung der Filmbestände des ehemaligen Amateurfilmzirkels des Chemiekombinats begonnen. Das wissenschaftliche Interesse an Zeugnissen des "Bitterfelder Wegs" ist enorm. Im Archiv können die Mitarbeiter wenig mehr tun als die Bestände zu sichten. Leiterin Eva-Maria Engel zählt weit über 1 000 Fotos, gut 1 400 Plakate, etliche Bühnenbilder, Kunstmappen und Filme, dazu zwei Schränke voll Fahnen, außerdem "Urania"-Diavorträge, Musikinstrumente und Noten.

Der Kunstbestand - 6 870 Titel, vor allem der Grafik - hat nach kaum geeigneter Zwischenlagerung im Wolfener Filmmuseum den Weg in die hallesche Dokumentationsstelle des Landes-Kulturvermögens gefunden. Dort wird er unter Leitung von Hans-Georg Sehrt erfasst und bearbeitet. "Die Stadt und der Landkreis Bitterfeld", sagt Sehrt, "konnten sich mit der Sammlung überhaupt nicht befassen."