Kulturgut Kulturgut: Bergarchiv Freiberg birgt Schätze aus sechs Jahrhunderten

Freiberg/dpa. - Der Leiter desBergarchivs und seine acht Mitarbeiter hüten nahe dem Dom zu Freiberghistorisches Kulturgut aus sechs Jahrhunderten Bergbaugeschichte.«Die Zeugnisse reichen bis in die jüngste Vergangenheit, bis etwa1990. Wir haben hier ein weltweit einmaliges Zentrum derMontangeschichte», sagt der 39 Jahre alte Archivar. Insgesamt lagernderzeit fast fünf Kilometer Akten und Amtsbücher im Bergarchiv.
Kern der Bestände sind die Schriften der früheren Oberberg- undBergämter, die sich seit dem 15. Jahrhundert herausbildeten. Dasälteste Dokument ist ein Bergspruch aus dem Jahr 1477. Das ältesteBergbuch von 1499 berichtet, an wen der Bergmeister von Schneebergeine Grube verliehen hat. Auf Hadernpapier (Lumpenpapier) und inakkurater Schrift haben die Schreiber ihrer Zeit vermerkt, wer eineGrube besessen hat. Andere Bergbücher bezeugen sogar, wie siebetrieben wurden und wer wie viel Abgaben leistete. «DiesesVerleihbuch ist so eine Art Grundbuch von heute», erläutert Plache.
Fast liebevoll verweist er auf eine weitere «Schatztruhe»: ImMagazin liegen rund 107 000 Karten, Pläne und Risse vom Bergbau imErzgebirge. «Sie zeigen noch heute zum Beispiel den Verlauf vonGruben und Schächten, auch Erzgänge und Flöze.» Die wertvollenArchivalien sind zumeist handgezeichnet, oft farbig und mit reichemDekor verziert - einfach auch ein Fest für das Auge.
Öffnet man die sorgsam verhüllten Blätter, sieht man Pferdegöpel,alte Hüttengebäude oder winzige Bergleute vor Ort. «Und das allesspielte sich im Erzgebirge ab, wo Silber, Wismut, Zinn, Kupfer,Kobalt oder Kohle dem Berg abgerungen wurde.» Eine wertvolleBibliothek mit rund 18 000 Bänden birgt unter anderemhandschriftliche Bergordnungen sowie Chroniken sächsischerBergstädte: «Das alles ist eine wahre Fundgrube für Denkmalpflegerund Technikhistoriker, aber auch für die Traditionspflege», meintPlache.
Das Bergarchiv Freiberg, seit 2005 neben drei weiteren Teil desSächsischen Staatsarchive, bewahrt seine Schätze aber nicht imstillen Kämmerlein. «Wir sind keine grilligen Forscher und hebennicht jedes Stück auf. Wir picken eigentlich nur die Rosinen heraus,was von dauerhaftem Wert für Wissenschaft, Forschung, Verwaltung,Gericht und für den Bürger ist».
So vergeht kaum ein Tag, an dem im Lesesaal nicht Studenten der TUBergakademie sitzen, an dem es Anfragen von Firmen, Montanunternehmenoder Heimatgeschichtsforschern gibt. «Derzeit kopieren wir 130 Rissefür die Wismut», sagt Plache. Sie stammen aus dem Annaberger Bereichund werden für die Sanierung des Altbergbaus in der Region benötigt.Auch das Jahrhunderthochwasser von 2002 hat dem Bergarchiv eine MengeArbeit beschert: «Damals gab es mehr als 120 Bergbrüche und zurBehebung der Schäden werden noch heute unsere Unterlagen gebraucht.»
«Gegenwärtig übernehmen wir Bergdokumente aus DDR-Zeiten von derLausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft(LMBV)», berichtet der Archivar. Nicht zuletzt habe das Bergarchivdazu beigetragen, das Restitutions- oder Rentenangelegenheitenbearbeitet oder Nachweise für die Entschädigung von Zwangsarbeiternbeschafft werden konnten.
Seit der Wende hat sich der Archivbestand durch die Übernahme vonUnterlagen aus aufgelösten DDR-Betrieben nahezu verdoppelt. Auchdiese Hinterlassenschaften werden aufbereitet. «In absehbarer Zeitwerden dann alle Bestände des Bergarchivs benutzbar sein», versichertPlache. Spätestens dann, wenn das Bergarchiv umzieht. Das ist für2008 geplant, wenn es in das restaurierte Schloss Freudenstein imHerzen der alten Bergstadt gehen soll. «Dann haben wir auch Raum, umunsere besten Stücke den Besuchern in einer Ausstellung zupräsentieren».