Kritikerumfrage Kritikerumfrage: Basel wieder «Opernhaus des Jahres»
Berlin/dpa. - Das Theater Basel ist «Opernhaus des Jahres». Inder traditionellen Kritikerumfrage der Zeitschrift «Opernwelt»rangiert die eidgenössische Bühne nach 2009 auch in diesem Jahrwieder an erster Stelle. Der Erfolg gehe vor allem auf die kluge undkommunikative Arbeit von Dietmar Schwarz, dem Leiter der Opernsparte,zurück, heißt es in dem am Freitag erschienenen «Opernwelt»-Jahrbuch.Befragt hatte das Fachblatt 50 mehrheitlich deutschsprachigeKritiker.
Zum besten Dirigenten wählten die Kritiker Ingo Metzmacher, zumbesten Regisseur Stefan Herheim, Aufführung des Jahres wurde Verdis«Macbeth» am Brüsseler Theatre de la Monnaie. Die «Uraufführung desJahres» fand an der Wiener Staatsoper statt: Aribert Reimanns«Medea». Für ihre Gestaltung der Titelpartie und für ihreVielseitigkeit wurde Marlis Petersen zur «Sängerin des Jahres»erkoren. Der Bariton Christian Gerhaher wurde zum besten Sängergewählt. Entscheidend dafür waren seine Auftritte in Henzes «Prinzvon Homburg» (Theater an der Wien) und als Wolfram in «Tannhäuser»(Wiener Staatsoper und Bayerische Staatsoper).
Dietmar Schwarz, der 2012 an die Deutsche Oper Berlin wechselt,und Intendant Georges Delnon, hätten Produktionsteams und Sängerstets präzise aufeinander abgestimmt und das Basler Ensemble klugaufgebaut und alle Stilrichtungen souverän bewältigt - vom Barock biszu Zeitgenössischem, fasst «Opernwelt» die Rezensentenmeinungzusammen. Zuvor war nur die Stuttgarter Oper zweimal in Folge zumbesten Opernhaus gewählt worden.
Als bestes Orchester sieht die Umfrage das Frankfurter Opern- undMuseumsorchester. Die Oper Frankfurt steht nach Basel an zweiterStelle der Kritikergunst, weil sie eine gelungene Mischung ausWagemut und Bodenhaftung bei der Programmgestaltung biete. Der drittePlatz geht an das Theater an der Wien, das sich wieder alsvielseitigste Opernbühne Österreichs profiliert habe.
Schlechte Noten bekommt dagegen die «kopflose» MünchnerKulturpolitik. Das Votum «Ärgernis des Jahres» betrifft sowohl denMachtkampf zwischen dem unterlegenen Generalmusikdirektor derBayerischen Staatsoper, Kent Nagano, und dem Intendanten NikolausBachler, als auch den Streit zwischen den Münchner Philharmonikernund Christian Thielemann; Minuspunkte gab es auch für den Umgang mitUlrich Peters, dem Intendanten des Staatstheaters am Gärtnerplatz.Große Teile der Verantwortung werden Kunstminister Wolfgang Heubisch(FDP) angelastet.
Als ärgerlich wurden ebenfalls Neuproduktionen wie «Don Giovanni»,«Tosca» oder «Die Tragödie des Teufels» von Peter Eötvös an derBayerischen Staatsoper eingestuft. Unmut rief auch die MünchnerBiennale unter Peter Ruzicka hervor, von der kaum noch Impulseausgingen.
Cecilia Bartolis CD «Sacrificium» wurde als Einspielung des Jahresbewertet. In dem Album zelebriere sie die Gesangskunst der Kastraten-Ära mit unvergleichlichem Temperament als virtuoses Rollenspiel. Mit«drei Stunden großem Musiktheater» hätten in Brüssel Paul Daniel undKrzysztof Warlikowski Verdis «Macbeth» ganz nah an Shakespeareherangerückt und damit nach mehrheitlicher Auffassung die «Aufführungdes Jahres» geliefert.
Auf gute Teamarbeit geht der Erfolg von Regisseur Stefan Herheimzurück, der für seinen «Rosenkavalier» an der Stuttgarter Staatsopernun zum dritten Mal ganz oben in der Kritikermeinung steht. MitHerheim arbeiten auch die Bühnenbildnerin und die Kostümbildnerin desJahres, Rebecca Rings und Gesine Völlm. Das Votum für den besten Chorgeht an die Deutsche Oper Berlin (Leitung: William Spaulding), vorallem für die Leistung in Wagners «Rienzi».
Metzmacher, bisher an der Spitze des Deutschen Symphonie-Orchesters in Berlin, habe sich vor allem als großer Interpretzeitgenössischer Werke erwiesen. Gelobt haben die Fachjournalistenseine Arbeit an Luigi Nonos «Al gran sole» bei den SalzburgerFestspielen 2009 mit den Wiener Philharmonikern sowieSchostakowitschs «Lady Macbeth von Mzensk» an der Wiener Staatsoperund Franz Schrekers «Der ferne Klang» in Zürich.
Im Jahrbuch von «Opernwelt», das auch den 50. Geburtstag derZeitschrift würdigt, spricht der australische Regisseur Barrie Kosky,der 2012 Intendant der Komischen Oper Berlin wird, über die weltweiteinmalige Opernszene in Deutschland, vor allem in Berlin mit seinendrei Häusern. Es gebe keine andere Opernstadt auf der Welt, in derjedes Jahr 800 000 Tickets für Opernaufführungen verkauft würden.