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Kritik am Stadtschloss-Entwurf wird lauter

29.11.2008, 14:41

Berlin/dpa. - Nach der Entscheidung im Architekten-Wettbewerb für den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses flammt nun die Kritik an dem Bauprojekt wieder auf.

Der frühere Präsident der Bundesarchitektenkammer, Peter Conradi, sagte am Samstag im Deutschlandradio Kultur, er habe sich eher eine zeitgenössische Interpretation gewünscht. Berlin und der Bund hätten den Wettbewerb aber von vornherein auf das Schloss mit seinen Barockfassaden begrenzt. «Wer ein Spiegelei bestellt, kriegt ein Spiegelei.»

Der Berliner Architekt Philipp Oswalt sagte dem «Tagesspiegel» (Samstag), der Siegerentwurf von Francesco Stella reflektiere auf keine Weise die «Geschichtlichkeit des Ortes». «Der Baukörper wird zum Solitär, der sich autistisch gegenüber seinem Kontext verhält.»

Der Bau des Humboldt-Forums mit der barocken Schlossfassade soll 552 Millionen Euro kosten. Davon trägt der Bund 440 Millionen Euro, weshalb der Bundestag dem Siegerentwurf noch zustimmen muss. «Normalerweise folgen die Abgeordneten dem Urteil der Jury», sagte die Sprecherin von Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee (SPD) dem «Berliner Kurier» (Samstag). Nach «Tagesspiegel»-Informationen droht Stellas Entwurf allerdings deutlich teurer als der vorgegebene Rahmen zu werden. Das wird in Tiefensees Ministerium jedoch bestritten. Die Berliner Linken-Bundestagsabgeordnete Petra Pau befürchtet, «dass die veranschlagten 500 Millionen für den Neubau nur der Einstiegsbetrag für die Steuerzahler sind».

Tiefensee zeigte sich überzeugt, dass das Bauprojekt am Berliner Schlossplatz weltweite Beachtung finden wird. «Deutschland als Kulturnation legt seine Schätze ins Schaufenster», sagte er am Freitagabend in der rbb-«Abendschau». Der Historiker Michael Wolffsohn lobte in der Tageszeitung «B.Z.» (Samstag), der Siegerentwurf «verbindet Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft».

Eine Jury aus Architekten und Politikern hatte sich am Freitag einstimmig für den Entwurf des italienischen Architekten Francesco Stella entschieden. Dieser schlägt für die frei zu gestaltende Spreeseite des Gebäudes eine Galerie zum Promenieren vor. Die Kassettenfassade sei auch eine Reverenz an den DDR-Palast der Republik gedacht, wie der Juryvorsitzende Vittorio Lampugnani sagte. Das in den 70er Jahren auf dem Gelände des zerstörten Stadtschlosses entstandene Gebäude war nach einer Asbest-Sanierung abgetragen worden. Die letzten Reste der Ruine verschwinden in diesen Tagen.

In den Schloss-Nachbau sollen die ethnologischen Sammlungen der Berliner Museen, eine Auswahl aus den Archiven der Humboldt- Universität sowie Bestände der Berliner Zentral- und Landesbibliothek einziehen. Deren Generaldirektorin Claudia Lux sieht das geplante Humboldt-Forum als «Wohnzimmer der Stadt» und als «Aufenthaltsraum für kulturelle Bildung». Das Stadtschloss biete damit die Möglichkeit, ein ganz neues Bibliothekskonzept zu erproben, sagte sie der «taz». «Ob barock oder modern, spielt für mich keine Rolle.»