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Kriminalität Kriminalität: Nashorn-Bande macht Europa unsicher

Von Laurent Thomet 13.08.2011, 08:19
Es gibt Diebe, die Rhinozeros-Hörner aus europäischen Ausstellungen stehlen und dann an Asiaten verkaufen. Diese zahlen bis zu 200.000 Euro pro Horn. (FOTO: DPA)
Es gibt Diebe, die Rhinozeros-Hörner aus europäischen Ausstellungen stehlen und dann an Asiaten verkaufen. Diese zahlen bis zu 200.000 Euro pro Horn. (FOTO: DPA) BELGA

Brüssel/afp. - Es passierte am helllichten Tag: Die zwei Diebe schlichen sich in die Rhinozeros-Ausstellung, rissen einen ausgestopften Nashornkopf von der Wand, schleppten ihn zu den Toiletten und warfen das 30 Kilo schwere Präparat durchs Fenster zwei Stockwerke in die Tiefe. Unten wartete ein Komplize mit einem Lastwagen. «80 Jahre lang haben wir uns um ihn gekümmert, und von einem Tag zum anderen ist er nicht mehr da», bedauert Georges Lenglet vom Brüsseler Naturkundemuseum den Diebstahl des Nashornkopfes. Der Fall in Belgien ist nur einer in einer Serie in ganz Europa.

"Das sind mise kriminelle Akte», sagt Patrick Byrne, Leiter des Netzwerkes Organisierte Kriminalität bei Europol. Die europäische Polizeibehörde vermutet eine irische Bande hinter der den Nashorn-Diebstählen. Betroffen sind nicht nur Museen, sondern auch Zoos, Auktionshäuser, Antiquitätenhändler und private Sammler. Die Bande sei «rücksichtslos in ihren kriminellen Methoden», sagt Byrne. Sie verkaufe die gestohlenen Hörner rasch auf dem Schwarzmarkt und wasche das Geld, indem sie Immobilien oder teure Autos kaufe.

Rhinozeroshorn-Diebstähle wurden in den vergangenen 18 Monaten aus Portugal, Frankreich, Großbritannien, Tschechien und Schweden berichtet. In Deutschland wurden unter anderen das Naturkundemuseum Bamberg und das Zoologische Museum der Universität Hamburg Opfer der Museums-Wilderer. Scotland Yard zählte 20 Diebstähle binnen eines halben Jahres.

Das Hauptgeschäft der mutmaßlichen Nashorn-Bande sind Drogenhandel, Geldwäsche und der Schmuggel gefälschter Waren. Doch der Verkauf von Rhinozeros-Hörnern wird für die Diebe immer lukrativer. Je nach Größe werden laut Europol mittlerweile zwischen 25.000 und 200.000 Euro pro Horn bezahlt. Die Hörner werden zermahlen und in Asien als angebliches Heilmittel gegen Fieber, Kopfschmerzen, Typhus und Pocken verkauft. Dass das Horn als Mittel gegen Impotenz diene, ist lediglich ein Mythos.

Die Jagd auf Nashörner läuft nicht nur in europäischen Museen, gleichzeitig hat auch die Wilderei in Afrika dramatisch zugenommen. In diesem wurden nach Angaben der Londoner Tierschutzgruppe Save the Rhino International bereits 200 Nashörner getötet, vergangenes Jahr waren es 333. 2007 waren hingegen nur 13 Rhinozerosse Wilderern zum Opfer gefallen.

Die europäischen Museen versuchen sich nun möglichst gut gegen die Diebe zu wappnen. Das Brüsseler Naturkundemuseum erhöhte nach dem Diebstahl des schwarzen Nashornkopfes von 1827 nicht nur die Sicherheitsvorkehrungen, sondern nahm auch einige Rhinozerosse aus der Ausstellung. «Das ist ziemlich traurig», sagt Museumskurator Lenglet. In einem Schaukasten sind jetzt statt drei vollständigen Nashörnern nur noch zwei zu sehen und von den Köpfen hängt nur noch einer. Die wertvollsten Exponate sind unter Verschluss.

Doch nicht nur Museen sind auf der Hut. Großbritannien hat das Verbot von Nashorn-Trophäen ausgeweitet, nachdem die Preise dafür bei Versteigerungen in die Höhe geschnellt waren. Auch Präparatoren haben ein Auge auf mögliche illegale Geschäfte. Der europäische Verband der Berufsgruppe warnte seine Mitglieder im Juli in einem Brief, in Schweden und Dänemark hätten Präparatoren dubiose Angebote von angeblich irischen und britischen Interessenten erhalten. Die Anrufer hätten nie ihren Namen genannt und nicht registrierte Handys benutzt. «Das riecht nach illegalen Machenschaften», heißt es in dem Brief. «Deshalb ist es eine sehr gute Idee, die Finger davon zu lassen, wenn Sie nicht 100 Prozent sicher sind, dass der Handel legal ist.»