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Kraftwerk in der Autostadt Wolfsburg

Von Anita Pöhlig 26.04.2009, 09:35

Wolfsburg/dpa. - Der kraftvoll wummernde Bass macht die Besucher des VW-Kraftwerks in Wolfsburg auch in der letzten Reihe noch glücklich. Kein Weg war zu weit - aus ganz Europa sind die Fans der Kultband Kraftwerk am Samstag angereist.

Nach langer Zeit spielen die Urväter des elektronischen Pops mal wieder in Deutschland, geben in Wolfsburg gleich drei Konzerte an einem Wochenende. 1970 gegründet, begeistert die Band aus Düsseldorf mittlerweile die dritte Fan-Generation - 16-Jährige wie 60-Jährige sind unter den Besuchern.

Auch für die Veranstalter ist «Kraftwerk im Kraftwerk» ein langersehnter Wunsch: «Wir haben fünf Jahre versucht, die Band zu bekommen», sagt Otto Ferdinand Wachs, Geschäftsführer der VW-Autostadt. Dort findet das Festival Movimentos, dessen Schwerpunkt beim modernen Ballett liegt, seit sieben Jahren statt.

Die Mühe war es wert, Besucher aus 308 deutschen Städten und aus neun weiteren Ländern registriert die Autostadt. «Die Fahrt nach Wolfsburg hat sich voll gelohnt», sagt auch Annette Grathoff, die gebürtige Nürnbergerin lebt zur Zeit in Oldenburg. Eigentlich müsste die Biologin am Schreibtisch sitzen und an ihrer Doktorarbeit schreiben. Aber die Gelegenheit eines Konzerts von Kraftwerk kann sich die 29-Jährige einfach nicht entgehen lassen. Der Auftritt ist für sie ein «Gesamtkunstwerk».

Die vier Musiker stehen in engen schwarzen Anzügen, die an Uniformen aus Film-Raumschiffen wie der Enterprise erinnern, vor ihren Keyboards. Eindringliche Melodien von alten Songs wie «Das Modell» und «Tour de France» visualisiert die Gruppe mit Filmsequenzen aus den 50er Jahren. Präsentiert wird der Mix aus Retro und Zukunft mit neuster Sound- und Videotechnik. Die VW-Autostadt hat extra eine Spezial-Leinwand anfertigen lassen.

Mit Hilfe einer 3 D-Brille können die Besucher im zweiten Teil der Schau dann so richtig in die Kraftwerk-Welt eintauchen: Beim Song «Vitamine» fliegen anscheinend riesige Pillen von der Bühne in den Zuschauerraum, beim Titel «Computerwelt» schwirren Ziffern durch die Luft. Beim wohl berühmtesten Song der Band, «Autobahn», wird dann klar, dass der Auftritt in Wolfsburg eigentlich überfällig war: Ist doch seit 1974 zu Beginn des Liedes das unverwechselbare Motorengeräusch des VW-Käfers zu hören.   

Von der ersten Besetzung steht nur noch Sänger und Keyboarder Ralf Hütter auf der Bühne, die Fans scheint es nicht zu stören. Äußerlich diszipliniert - nur leicht wippen manche Füße mit - verfolgen sie konzentriert die Musik und applaudieren dann enthusiastisch nach jedem Lied. Marco Walther, Frank Wollenweber und Michael Günert können nicht genug von Kraftwerk bekommen, sie haben es geschafft, Karten für alle drei Konzerte zu ergattern. Laut Autostadt ist das gerade 95 Fans gelungen, pro Konzert finden 1100 Platz. «Wir sind seit den 80er Jahren Fans. Das müssen wir mitnehmen», sagen die Männer. Nach zwei Stunden Pause wollen sie sich um Mitternacht das zweite und am Sonntagabend das dritte Konzert gönnen.

Frauke und Detlef Schettgen gehören nicht zu den extremen Liebhabern, da sie aber aus Wolfsburg kommen, haben sie die Gelegenheit genutzt: «Das ist Musik aus unserer Jugend», sagen die 49-Jährigen. Die Kölnerin Konstanze Cottmann ist ebenfalls seit vielen Jahren Kraftwerk-Anhängerin. «Ich habe schon viele Konzerte besucht, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt», sagt sie angesichts der scharfen Einlass-Kontrollen. Um den Schwarzmarkthandel zu unterbinden, sind die Karten - die meisten wurden direkt über die Internet-Seite von Kraftwerk verkauft - personalisiert. Ohne den Abgleich mit dem Ausweis kommt niemand ins Kraftwerk zu Kraftwerk.

www.movimentos.de