Konzert zum Rosenmontag Konzert zum Rosenmontag: Mensch und Tier im Lustrevier
Halle/MZ. - Einer, der das Publikum mit wunderbaren Sätzenumgarnt, die alle irgendwie ähnlich klingen- egal, ob darin von klassischer Musik, Selbstmordattentatenoder Angora-Kaninchen die Rede ist.
Für Camille Saint-Saëns' "Karneval der Tiere"hatte Willemsen die Messer gewetzt, um demberühmten Loriot-Text Paroli bieten zu können.Er servierte (Vorsicht, Uraufführung!) eineboshaft frivole, zudem gereimte Tier-Ballade,die selbstredend an das menschliche Bestiariumadressiert war. Hinauf zu Willemsens Zwei-Meter-Gestaltblickten das Philharmonische Staatsorchester,die Pianistenbrüder Anthony und Joseph Paratoresowie Maestro Wolf-Dieter Hauschild - wenner nicht gerade vor Lachen vornüber zu kippendrohte.
Ja, man konnte ziemlich oft ziemlich hämischlachen über Willemsens Verse. Die Menschheit?Nichts als ein billiges Tier-Imitat, meintder Dichter und spricht: "Die dritten Zähnevon der Zecke, den Lipgloss von der Purpurschnecke."Dann zeigt der Narrenstab auf die Musiker:"Die Posaune spielt die Qualle", reimt erim hohen Tenor, "doch was erwarten Sie inHalle?" Und leise singen die Fischerchöreim Bassin: "Wer zweimal mit der Gleichen pennt,wird Staatsorchesterdirigent." Geigenbauernwirft er zu: "Für die einen Larifari, fürdie anderen Stradivari."
Schnell genug, um dünnere Gags zu kaschierenund etwas zu schnell für die wirklich gutenReime schreitet Willemsen den Faschingszooab, findet Hühner, Löwen und anderes Getierund stellt uns den Elefanten der Neuzeit vor:Der "eröffnet kein Sanitärgebäude ohne Odean die Freude" und schwingt "aus Brüssel einenDIN-genormten Rüssel". Zum Schluss befindeter schnaufend: "Mir geht nichts an die Nieren,so wie Karneval mit Tieren." Man möchte ihmhinterher rufen: "Reden ist zwar nicht verkehrt,doch besser ist es, wenn man's hört." DerMann spricht nämlich ohne Mikrofon.
Die Philharmoniker zumindest waren an diesemRosenmontag zu keinem Zeitpunkt zu überhören.Schon gar nicht bei Dvoráks "Carnaval"-Ouvertüre,die zu den brillantesten und besten Stückendes Meisters zählt. Streicher schnurrten,Holzbläser blitzten, Blechbläser strahltenin gespannter Gelassenheit - wie das am Anfangeines großen Faschingsballs eben ist. Zu demgehörte auch, dass mit zunehmender Heiterkeit,gerade in Schostakowitschs Jazz-Suite, nichtmehr jeder Tonschritt perfekt saß. Aber wenstörte das schon?
Heftige Konkurrenz bekam der "Karneval derTiere" von der irrwitzigen Tastenakrobatikder Paratore-Brüder und noch mehr von einemnärrischen Variationszyklus, dessen Komponistauf den Namen Ulrich Sommerlatte hört. Erhatte die Schunkel-Hymne "In München stehtein Hofbräuhaus" im Stile großer Komponistenbearbeitet. Und machte die Hallenser mit derfürchterlichen Vorstellung vertraut, dassHändel ein Münchner gewesen sein könnte.