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Königliche Klangwunder Königliche Klangwunder: Vor 200 Jahren wurde der Orgelbauer Friedrich Ladegast geboren

Von Kai Agthe 28.08.2018, 08:00
Friedrich Ladegast (rechts sitzend) und seine Mitarbeiter
Friedrich Ladegast (rechts sitzend) und seine Mitarbeiter StA WFS/SF I-038-10

Halle (Saale) - Danach gefragt, auf wie vielen Ladegast-Orgeln er in seiner ebenso langen wie erfolgreichen Karriere als Orgelvirtuose wohl gespielt habe, muss Michael Schönheit einen Moment nachdenken. Im mitteldeutschen Raum habe er schon auf zahlreichen Instrumenten Konzerte gegeben, aber auch auf jenen, die Ladegast etwa nach Tallinn und Moskau geliefert habe. „Alles in allem dürften es 20 Instrumente gewesen sein“, sagt Schönheit, der im Hauptberuf eine Schuke-Orgel spielt: Die befindet sich im Leipziger Gewandhaus, wo der Musiker seit 32 Jahren das Amt des Organisten bekleidet. Nebenbei leitet der gebürtige Thüringer auch die Merseburger Orgeltage und die Musiker Hofmusik.

Michael Schönheit ist einer der besten Kenner der Orgeln von Friedrich Ladegast aus Weißenfels, an dessen 200. Geburtstag am Donnerstag zu erinnern ist. Besonders nahe ist dem 57-Jährigen jenes Instrument, das zwischen 1853 und 1855 für den Merseburger Dom errichtet wurde.

Kontakt zu Franz Liszt

Den Bau dieser Orgel verfolgte seinerzeit auch Franz Liszt (1811-1886) intensiv. Der damals in Weimar lebende Komponist und Pianist besuchte Ladegast unter anderem von Bad Lauchstädt aus. Liszt erholte sich dort in jener Zeit, als Ladegast die Merseburger Orgel einrichtete. Zur Einweihung des königlichen Klangwunders im September 1855 erklang Liszts „Prophetenfantasie“, im Mai 1856 wurde sein Präludium und Fuge über B-A-C-H in Anwesenheit Liszts im Dom zu Merseburg uraufgeführt.

Am Donnerstag, dem 30. August:

Weißenfels: Um 15 Uhr Führung durch die Saalestadt, bei der eine Gästeführerin in die Rolle von Frau Ladegast schlüpfen wird. Treffpunkt: Grünanlage am Ratssaal

Merseburg: Um 15 Uhr Kaffeetafel für alle Merseburger und ihre Gäste zu Ehren des 200. Geburtstages von Friedrich Ladegast auf dem Domplatz Platz

Merseburg: Um 19 Uhr Präsentation der beiden CDs, auf denen die Konzerte zur Ladegast-Orgelweihe in Merseburg 1855 und in Schwerin 1870 eingespielt wurden, mit einem Festkonzert

Am Freitag, dem 31. August:

Weißenfels: Um 15 Uhr feierliche Kranzniederlegung am Grab der Familie Ladegast auf dem Weißenfelser Friedhof

Wengelsdorf: Um 17 Uhr Konzert mit Katharina Dargel (Violine) und Michael Schönheit (Orgel) in der Kirche. Die Einnahmen kommen der Ladegast-Orgel zu Gute.

Am Samstag, dem 1. September:

Schafstädt: Um 17 Uhr Konzert mit dem Schweriner Domorganisten Jan Ernst an der Ladegast-Orgel in der Evangelischen Kirche

„Friedrich Ladegast ist ein Orgelbauer, der ganz vom Geist des Barock erfüllt ist“, erklärt Schönheit, der seit vielen Jahren ehrenamtlich als Domorganist in Merseburg wirkt. „Die Orgel verbindet eine große Kantabilität mit schönen Farben - und, was nicht selbstverständlich für Kirchenorgeln ist, sie ist nie zu laut“, zählt der Musiker die Vorzüge des Merseburger Instruments auf, das nebenbei auch das größte von Ladegast gebaute ist. „Als ich diese Orgel zum ersten Mal gesehen habe, war ich beeindruckt. Als ich sie zum ersten Mal gespielt habe, hat mich der Klang umgehauen“, erinnert sich Schönheit.

Anlässlich des 200. Geburtstages von Friedrich Ladegast hat Michael Schönheit das Konzert, das 1855 im Merseburger Dom zur Orgelweihe gespielt wurde, aufgenommen. Es erscheint ebenso auf CD wie jenes Konzert, das gegeben wurde, als 1870 die Ladegast-Orgel im Dom zu Schwerin übergeben wurde. Präsentiert werden beide beim Label Querstand erschienenen Tonträger am Donnerstag mit einem Konzert im Merseburger Dom.

Während das Instrument in Merseburg vom Geist barocker Orgelkunst durchdrungen sei, die sich vor allem mit dem Namen von Gottfried Silbermann (1683-1753) verbinde, so Schönheit, künde die Schweriner Orgel von Ladegasts jahrzehntelanger Erfahrung als Orgelbauer. Alles zusammen habe dazu beigetragen, dass Musiker und Musikfreunde den Meister als „Silbermann des 19. Jahrhunderts“ feiern.

In der ersten Liga

Ladegast, 1818 im sächsischen Hochhermsdorf (heute Zettlitz, Ortsteil Hermsdorf) als Sohn eines Tischlers geboren, machte aus der Kenntnis des väterlichen Handwerks und seiner Liebe zur Musik einen Beruf, indem er Orgelbau erlernte. Nach Lehr- und Wanderjahren ließ er sich 1847 in Weißenfels nieder, einer jener mitteldeutschen Orte, die sich in der Mitte des 19. Jahrhunderts wirtschaftlich ebenso rasant entwickelten wie die benachbarten Großstädte Halle und Leipzig.

Nach schleppendem Beginn fand Ladegast 1849 mit dem Neubau der Orgel für die Kirche St. Georg in Geusa bei Merseburg in die unternehmerische Erfolgsspur. So schuf er unter anderem Instrumente für die Nikolaikirche in Leipzig, für die Marienkirche in Weißenfels und die Schlosskirche in Wittenberg.

Spätestens mit dem Neubau der Orgel für den Schweriner Dom stieg Ladegast im Jahr 1870 in die erste Liga der europäischen Orgelbauer auf. Allein zwischen 1864 und 1871 lieferte die Werkstatt des fleißigen Kunsthandwerkers 25 Orgeln aus.

Während die Konkurrenz im späten 19. Jahrhunderts vom Schleifladen- zum Kegelladensystem überging, schwor Ladegast auf das traditionelle Windladensystem mit Schweifladen, was dazu führte, dass seine Firma nach und nach verdrängt wurde - auch wenn sie nach dem Tod ihres Gründers 1905 von dessen Sohn Oskar Ladegast (1858-1944) weitergeführt wurde.

Das Unternehmen ist lange schon Geschichte, Ladegasts gebaute Klangwunder aber bleiben. (mz)