1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Komödie: Komödie: Kinostart 02. Oktober: «Jet Lag»

Komödie Komödie: Kinostart 02. Oktober: «Jet Lag»

Von Kerstin Nacken 28.09.2003, 16:52
Das undatierte Szenenfoto zeigt Juliette Binoche als temperamentvolle Kosmetikerin Rose und Jean Reno als Gourmet-Koch Felix in der Romanze "Jet Lag". Während Rose vor einem Mann flüchtet, jagt Felix einer Frau hinterher. Nach einer ersten flüchtigen Begegnung treffen sie immer wieder in den Terminals aufeinander. Unwetter, Streiks und Pannen verhindern die Flüge der beiden. Schließlich verbringen die zwei eine Nacht in einem Hotelzimmer und sie beginnen, sich für einander zu interessieren. (Foto: dpa)
Das undatierte Szenenfoto zeigt Juliette Binoche als temperamentvolle Kosmetikerin Rose und Jean Reno als Gourmet-Koch Felix in der Romanze "Jet Lag". Während Rose vor einem Mann flüchtet, jagt Felix einer Frau hinterher. Nach einer ersten flüchtigen Begegnung treffen sie immer wieder in den Terminals aufeinander. Unwetter, Streiks und Pannen verhindern die Flüge der beiden. Schließlich verbringen die zwei eine Nacht in einem Hotelzimmer und sie beginnen, sich für einander zu interessieren. (Foto: dpa) Tobis

Hamburg/dpa. - Ein Mann, eine Frau und eine durchwachte Nacht am Pariser Flughafen. So simpel wie eindringlich ist die Geschichte, die Regisseurin Danièle Thompson in ihrer romantischen Komödie «Jet Lag - oder wo die Liebe hinfliegt» erzählt. Auf dem Flughafen Charles de Gaulle trifft die hinreißend schöne, aber hoffnungslos überschminkte Visagistin Rose (Juliette Binoche) den schnodderigen Geschäftsmann Félix (Jean Reno), einen ehemaligen Sternekoch, der sein Geld inzwischen mit Tiefkühlkost in den USA verdient. Sie ist auf dem Weg nach Acapulco, auf der Flucht vor ihrem aufbrausenden Langzeit- Liebhaber. Félix will nach München, um seine Ex-Freundin zurück zu gewinnen. Um sie herum herrscht das Chaos: Ihre Flüge werden abgesagt - erst ist es das Wetter, dann ein Streik, schließlich technische Probleme an Bord. Rose und Félix sitzen fest.

Nach der ersten schicksalhaften Begegnung - Rose spült ihr Handy aus Versehen die Flughafen-Toilette herunter und leiht sich das von Rollband-Nachbar Félix - trennen und treffen sich die beiden immer wieder. Schließlich landen sie gemeinsam in einer Suite des Airport- Hotels. Es ist ein Anflug von Kammerspiel, der durch Thompsons Film weht, wenn sich die gestrandeten Protagonisten gegenseitig ihre Lebensgeschichten erzählen: nur Rose und Félix, ein Zimmer, sonst nichts.

Das Kinopublikum bekommt eine hinreißende Juliette Binoche («Chocolat», «Der Englische Patient») geboten - die Augenlider anfangs erdrückt von einer Schicht stahlblauen Lidschattens, später mit unbehandeltem Porzellan-Teint und mädchenhafter Erotik. Ihr bisher kaum gezeigtes komödiantisches Talent setzt die Französin mit großer Zurückhaltung ein: Beispielsweise wenn Rose - Schmink- Köfferchen im Anschlag - heulend auf dem Hotelbett vor einer Fernseh- Doku sitzt («Mir geht Geschichte immer so nah»). Es ist kein Schenkelklopf-Humor, den Danièle Thompson mit ihrer Komödie bedient. Jean Reno («Die Purpurnen Flüsse», «Leon - Der Profi») überzeugt im übernächtigten Schmuddel-Look mit gekonnt hypnotischem Blick über faltigen Tränensäcken.

Nebendarsteller treten in «Jet Lag» zwar so gut wie nicht in Erscheinung, sind jedoch stets präsent: Sergio, Roses aufbrausender Liebhaber, Nadja, die Félix über Nacht verließ, Roses Tabletten- abhängige Mutter und Félix' dominanter Vater, ein erdrückendes Vorbild. Eine ungewöhnlich Rolle kommt dabei dem Mobiltelefon zu. Es ist fast der einzige Kontakt der Festsitzenden zur Außenwelt - Liebestöter und Kontaktbörse zugleich.

«Jet Lag» ist nach «La Buche» (1999) Danièle Thompsons zweite Regie-Arbeit. Die Tochter des französischen Komödien-Spezialisten Gérard Oury hatte ihren Einstieg ins Filmgeschäft jedoch bereits, als sie gemeinsam mit ihrem Vater das Drehbuch zu «Die große Sause» ablieferte. Internationale Erfolge feierte sie unter anderem mit den Skripts für «La Boum - Die Fete» (1980) und für Patrice Chéreaus bildgewaltigem Historienepos «Die Batholomäusnacht» (1994).

Für ihr jüngstes Projekts, «Jet Lag», ließ sich Danièle Thompson von amerikanischen Genre-Meisterwerken inspirieren: Ein wenig «Pretty Woman», eine Prise «Sabrina», sogar ein Hauch von Woody Allens «Alle sagen - I Love You» hatte die Regisseurin offenbar im Blick. In einem Interview erklärt sie, warum im Filmland Frankreich so wenige romantische Komödien entstehen. «Man muss mit einer gewissen Naivität an eine romantische Komödie herangehen. In Frankreich sind wir womöglich zu beherrscht oder zu zynisch, um uns darauf einzulassen. Nach dem Motto "Wer soll denn so was glauben?"».

Auch in der ersten Einstellung von «Jet Lag» setzt sich Thompson mit der amerikanischen Filmkultur auseinander. Aus dem «Off» sinniert Rose über den mangelnden Realismus dieser Liebesmärchen und wünscht sich: «Einen Tag lang soll mein Leben so sein, wie ein amerikanischer Film.» Was dann folgt ist eine geballte Dosis französischer Lebenswirklichkeit: Bahnarbeiter-Streiks, Macho-Liebhaber, Pariser Mistwetter und über allem: die Liebe.