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Komische Oper Komische Oper: Gelungene «Pinocchio»-Uraufführung in Berlin

Von Elke Vogel 06.11.2006, 10:08

Berlin/dpa. - Der italienische Komponisterzählt den berühmten Klassiker von Carlo Collodi mit 57 Kinderdarstellern und fünf Erwachsenenrollen noch einmal ganz neu. Ineinem samtig blauen Bühnenbild (Benita Roth) in Form eines riesigenSchranks mit Türen und Schubladen erlebt die Holzpuppe Pinocchio biszu ihrer Verwandlung in einen richtigen kleinen Jungen im wahrstenSinne des Wortes bildschöne Abenteuer.

Leuchtende, bis ins Detail liebevoll gestaltete Kostüme (ChristineMayer) versetzen die Zuschauer in eine Welt zwischen Fabel- undFeenreich. Das Publikum feierte die Inszenierung der jungenholländischen Regisseurin Jetske Mijnssen mit viel Applaus.

Der italienische Schriftsteller Collodi erdachte vor 130 Jahrendie Geschichte des alten Schnitzers Geppetto und seiner Holzpuppe,die ein richtiger Mensch werden will. Pinocchios Abenteuer wurdenseither unzählige Male übersetzt, verfilmt oder auf der Bühneerzählt. 2001 schrieb Valtinoni für die norditalienische StadtVicenza eine erste Fassung der «Pinocchio»-Oper. Für Berlin erfandenValtinoni und der Librettist Paolo Madron zahlreiche ganz neueEpisoden, die auch nicht in Collodis Original zu finden sind.

Valtinonis harmonisch-melodiöse Komposition mit etlichen atonalenEinsprengseln drängt sich nie in den Vordergrund. Es gibt keinegroßen Arien mit Wiedererkennungseffekt, keine Illustration derBühnenereignisse. Immer wieder sind aus dem von Anna-Sophie Brüninggeleiteten Orchester aber einzelne Musikinstrumente von Trompete bisSchlagzeug wie eigene Figuren herauszuhören. Oft kommen allerdingsdie zarten Stimmen aus dem Kinderchor der Komischen Oper nicht gegendas Orchester an. Auch bei den Erwachsenen-Rollen hat der ZuhörerMühe, den Text zu verstehen.

Die einzelnen, kurzen Szenen ermöglichen es dafür auch kleinerenKindern, immer wieder in die Geschichte um den ungehorsamen Pinocchiomit der langen Lügennase einzusteigen. Beeindruckend ist die sorgsameAusstattung des Stücks. Da gibt es die Vertrauen erweckende blaueFee, die zottelig-zerzausten Banditen Kater und Fuchs, eine behäbigeSchnecke und wunderbar schillernde Fischlein. Pinocchios Ratgeber,die Grille, hat sich bei Valtinoni zu einem ganzen Grillen-Chor mitgrün glänzenden Panzern ausgewachsen.

Manches, wie Pinocchios Schulerziehung, wird nur angedeutet. Sobleibt Platz für die eigene Fantasie der Kinder. Ebenso angenehm: DieInszenierung zielt nie auf Lacher und drückt auch nicht auf dieTränendrüse. Am Ende errettet Pinocchio seinen Geppetto nicht aus demBauch eines Wal-, sondern eines Haifisches. Fröhlich, ganzunpathetisch und ohne erhobenen Zeigefinger findet die Holzpuppeschließlich ihren Platz in der Welt.