Klassik Klassik: Domingo begeisterte 4500 Zuschauer
Halle/Westf./dpa. - Da mochteihm niemand widersprechen: Mit der dramatischen Arie des Racheschwörenden Sesto aus Händels Oper «Julius Caesar in Ägypten» begannder spanische Tenor am Samstagabend im Haller Gerry Weber Stadionsein einziges Konzert im deutschsprachigen Raum in diesem Jahr.
Vor rund begeisterten 4500 Zuschauern bot Placido Domingo, dererst jüngst seinen 3000. Bühnenauftritt feiern konnte, einzweistündiges Programm, das weniger auf Effekt als auf hohenAnspruch setzte. Ganz bewusst schien der weltberühmte Tenor mit derunvergleichlichen Ausstrahlung darauf verzichtet zu haben, lediglichdie «Gassenhauser» der Opernliteratur abzuspulen. Zwar durften beiEinbruch der Dämmerung die «leuchtenden Sterne», die immer wiederherzzerreißende Arie des Malers Cavaradossi im Kerker derEngelsburg, nicht fehlen. Doch erklang auch etliches seltenerGehörtes wie etwa eine schwermütige Arie des Hermann ausTschaikowskis «Pique Dame», der ersten russischen Rolle Domingos zuseinem 30-jährigen Bühnenjubiläum an der New Yorker Met.
60 Jahre alt ist Domingo, der erst vor zwei Wochen die BerlinerPhilharmoniker in der Waldbühne dirigiert hatte, im Januar geworden.Seine Stimme hat jedoch nichts an dramatischer Strahlkraft undModulationsreichtum, an vollem Klang und tragender Präsenzeingebüßt. Bereits bei den Proben hatte der «König der Oper», dermit einem Repertoire von 118 Rollen einzigartig in derMusikgeschichte ist, seine Stimme nicht geschont. Und am Abend zoger mit seinem so unangestrengt wirkenden Belcanto das Publikum vomersten Ton an in seinen Bann.
Begleitet wurde Domingo von der vielversprechenden jungenargentinischen Sopranistin Virginia Tola, die im vergangenen Jahreine der Preisträgerinnen seines Gesangswettbewerbes «Operalia» war,und von der glänzend aufspielenden Nordwestdeutschen Philharmonieunter der Leitung von Karl Sollak. Nach Arien und Duetten von Verdi,Gluck und Puccini sowie nach spanischen Zarzuelas gab sich derWeltstar schließlich ganz operettenselig und versicherte derentzückten Damenwelt: «Dein ist mein ganzes Herz.» Und bei diesemVersprechen konnte man sogar für einen Moment das ostwestfälischeRegenwetter vergessen.