Kinostart: 9. März 2006 Kinostart: 9. März 2006: «Brokeback Mountain»

Los Angeles/dpa. - John Wayne und Gary Cooper Arm in Arm am Lagerfeuer? Regisseur AngLee hatte den Mut, das richtige Fingerspitzengefühl und mit HeathLedger und Jake Gyllenhaal die perfekten Hauptdarsteller, um mit«Brokeback Mountain» dieses Tabu zu brechen. Nebenbei fängt der Filmauf seinem Siegeszug durch die Kinowelt mit Lassokunst eine Trophäenach der anderen ein.
Selbst Nörgler mit Abneigung gegen Homosexualität, die den Filmboykottieren, können sich dem «Brokeback»-Phänomen kaum entziehen.Die Gruppe «Global Language Monitor», die alljährlich dieSprachtrends in der Filmszene unter die Lupe nimmt, kürte «Brokeback»kürzlich zum Wort des Jahres 2006. Von Millionen Treffern bei derGoogle-Suche im Internet über zahllose Witze bis zu Cowboyhüten aufden Mode-Laufstegen: Das Liebesdrama der beiden Cowboys zieht längstauch jenseits der Leinwand Kreise.
«Brokeback Mountain» ist kein schwules «Vom Winde verweht» für einkleines Nischenpublikum. Der Film wird allen gefallen, «diegroßartige Kinokunst und ergreifende Liebesgeschichten schätzen, obschwul, hetero oder anders gepolt», begeistert sich der «HollywoodReporter». Lautstarker Beifall der meisten US-Filmkritiker übertöntdie Warnrufe von Kirchen und konservativen Gruppen in den USA, dieseretwas andere Western propagiere «mit raffinierten Mitteln» einenhomosexuellen Lebensstil.
Die Geschichte beginnt im Jahr 1963, im erzkonservativen Wyoming,wo die beiden jungen Rancharbeiter Ennis Del Mar (Ledger) und JackTwist (Gyllenhaal) als Sommerjob zum Schafe hüten in die Bergeziehen. Nur langsam freunden sich der schweigsame Ennis und dertemperamentvollere Jack bei karger Bohnenkost und Whiskey amLagerfeuer an. Als eine kalte Nacht sie zusammen ins Zelt zwingt,flammt die Leidenschaft auf. Doch die beginnende Liebe können sieweder sich selbst und schon gar nicht der Außenwelt eingestehen.«Damit das klar ist, ich bin nicht schwul», sagt der eine am Morgendanach. «Ich auch nicht», bekräftigt der andere.
Nach dem Sommer auf «Brokeback Mountain» trennen sich ihre Wege,beide heiraten, werden Väter und können trotzdem nicht voneinanderlassen. Über Jahrzehnte hinweg treffen sie sich regelmäßig wieder.Harmlose Angeltouren, erzählen sie den Ehefrauen, doch stets kehrensie ohne Fische aus den Bergen zurück. Mit wenigen Worten drücktLedger die ganze Bandbreite von Ennis' Zerrissenheit, Scham, Angstund Sehnsüchten aus. Jack will als treibende Kraft nicht vor dengesellschaftlichen Zwängen kapitulieren. Michelle Williams und AnneHathaway spielen die argwöhnischen und verletzten Gattinnen, derenWunsch nach einer erfüllten Liebe nicht aufgeht.
Als Vorlage diente Lee die nur 31 Seiten lange Kurzgeschichte vonPulitzer-Preisträgerin Annie Proulx aus dem Jahr 1997. Doch esdauerte acht Jahre, um den nach Lees Worten «Angst einflößenden undheiklen» Stoff auf die Leinwand zu bringen. Die überwältigendeSchönheit der kanadischen Rocky Mountains und niedrige Drehkostengaben den Ausschlag für den Drehort im Nachbarland der USA.
Der leichte Umgang mit Homosexualität war dem in Taiwan geborenenLee 1993 mit der Komödie «Das Hochzeitsbankett» gelungen. Wie in «DerEissturm» (1997) wirft er jetzt wieder seinen unbestechlichen Blickauf starre gesellschaftliche Zwänge. Wie zuvor mit «Tiger & Dragon»(2000) inszeniert er mit großem Einfühlungsvermögen ein packendesMelodram. Angs Wunsch für «Brokeback Mountain» ist, «dass die Leuteden Streifen nicht als Schwulenfilm, sondern als eine echte, großeLiebesgeschichte sehen».