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Kinostart: 6. März Kinostart: 6. März: «Frei nach Plan»

Von Ulrike von Leszczynski 28.02.2008, 13:48
Die Schwestern Iris (l, Corinna Harfouch), Anne (Dagmar Manzel) und Marianne (Kirsten Block) bei den Dreharbeiten des Films «Frei nach Plan». (Foto: dpa)
Die Schwestern Iris (l, Corinna Harfouch), Anne (Dagmar Manzel) und Marianne (Kirsten Block) bei den Dreharbeiten des Films «Frei nach Plan». (Foto: dpa) Novapool Pictures

Berlin/dpa. - Familienfeiern sind Königreiche für Psychologen.Sie sind herrlich und sie sind die Hölle zugleich, eineAchterbahnfahrt der Gefühle und Befindlichkeiten. Wer sie kennt, wirdan Franziska Meletzkys («Nachbarinnen») Familienfilm «Frei nach Plan»seine helle Freude haben. Mit einem hochkarätigenSchauspielerensemble besetzt, erzählt sie von einer Geburtstagsfeier,die drei Schwestern in den besten Jahren für ihre Mutter ausrichtenwollen. Gar nicht nach Plan kommen beim Zusammenprall derverschiedenen Charaktere im Elternhaus alte Geschichten hoch und neuedazu. Aus der Feier wird ein kammerspielartiges Psychodrama, das,zwischen Komik und Tragik schwankend, unerwartete Wendungen nimmt.

Mit Christine Schorn als Mutter, Dagmar Manzel und CorinnaHarfouch als zwei ihrer Filmtöchter, hat sich die junge Regisseurindie erste Liga deutscher Charakterdarstellerinnen vor die Kamerageholt. Eine Liga, die so noch nie zusammengespielt hat. Das alleinist ein Fest für den Kinozuschauer. Auf der Leinwand ist auch zuahnen, dass es eine Art Familientreffen für dieses Ensemble war. DieFilmtöchter kennen sich seit der Schauspielschule. Christine Schornwar schon damals ein Vorbild als Schauspielerin. Ein festes Drehbuchhat es am Anfang nicht gegeben. Ihre Figuren haben dieSchauspielerinnen mit entwickelt. Es mögen Teile der einzelnenPersönlichkeiten mit eingeflossen sein.

Es ist der ganz normale Wahnsinn der Familienbande, der im Filmzur Sprache kommt, in einer ostdeutschen Kleinstadt, im kargenHäuschen von Mutter Silvia (Christine Schorn). Hier lebt Iris(Corinna Harfouch), mit ihrer Mutter in einer schmerzhaften Hassliebeverbunden. Sie ist die einzige, die um das Alkoholproblem der Mutterweiß; die einzige, die routiniert da ist, wenn die alte Frau sich imBad übergibt. Schwester Anne (Dagmar Manzel), die es als Rocksängerinals einzige aus der Enge dieses Lebens in die weite Welt geschaffthat, zeigt sich nur wenige Minuten später eine ganz andere Mutter,schick frisiert und strahlend. Es ist ein Schauspiel im Schauspiel,das Christine Schorn wunderbar inszeniert.

Es sind oft Andeutungen, die den Kinozuschauer ahnen lassen, wasdie einzelnen Frauen zu dem werden ließ, was sie sind. Iris hatirgendwann der Mann verlassen. Sie hat sich ein wenig verbiestert inihre eigene kleine Welt, zwischen Reitstall und Elternhaus,zurückgezogen. Wie in einem Sicherheitskorsett muss hier alles nachPlan laufen, sonst wird sie nervös.

Schwester Anne (Dagmar Manzel) ist das genaue Gegenteil davon,weltläufig, chaotisch, sprühend vor Lebensfreude. Schwester Marianne(Kirsten Block) hat sich als Lehrerin rund 100 Meter vom Elternhausihre eigene Familie aufgebaut. Das Leben dort ist zur Langeweileerstarrt, doch nichts treibt Marianne an, etwas daran zu ändern. Inkindlicher Begeisterung sagt sie Sätze wie: «Guck mal, eineSumpfdeckelschnecke». Dass ihre Welt nicht heil ist, und SchwesterAnne daran nicht ganz unschuldig, bemerkt sie zu spät.

Das Kammerspiel surrt wie ein Kreisel, immer schneller, bis zumAbdrehen. Die einzelnen Beziehungen, die Lebensfäden, verwirren undverknoten sich, Lebenslügen fliegen auf. Die wenigen Männer im Filmverfolgen auch noch freizügig ihre eigenen Pläne. Zum Schluss sitzteine Festgesellschaft ohne Ehrengast im Saal. Draußen vor der Türsitzen drei Schwestern, die ihr Leben grundlegend ändern wollen.

Als Frauenfilm wollen die Darstellerinnen «Frei nach Plan»überhaupt nicht verstanden wissen. Es habe nichts mit einemFrauenfilm zu tun, es habe mit Menschen zu tun. Es ist dieses allzumenschliche, das diesen Film liebenswert macht. Er kommt aus derMitte des Lebens - denn wer kennt sie nicht, Familienfeiern.