Kinostart 6. August Kinostart 6. August: «Public Enemies»

Berlin/dpa. - Ein Gangster als Popstar: Als der Bankräuber JohnDillinger im Januar 1934 verhaftet und in ein Gefängnis verlegt wird,säumen Tausende Menschen die Straßen. Am Flughafen gibt Dillinger,gespielt von Johnny Depp, sogar eine Art Pressekonferenz und posiertfür die Kameras. Der damals meistgesuchte Verbrecher und «StaatsfeindNummer eins» war für viele Menschen in Zeiten von WirtschaftskriseTräger eigener Sehnsüchte: «Er nahm von den Banken, die die Misereverursacht hatten, so dachte das Volk damals», sagte RegisseurMichael Mann bei der Vorstellung seines neuen Films «Public Enemies»in Berlin. Der gefeierte Filmemacher Mann («Ali») zeigt in demGangsterfilm die aufpolierte Oberfläche vom Mythos Dillinger. In dieTiefe geht es nicht.
Die monatelange Hetzjagd auf den Bankräuber Dillinger wargewissermaßen die Geburt des FBI. Die Verbrecherbande sollte mitmodernen Fahndungsmitteln - darunter Abhörgeräte, neue forensischeAnalysen - und mit Hilfe der Zusammenarbeit verschiedenerBundesstaaten zur Strecke gebracht werden. «Die Zeit hatte Dillinger,der noch wie ein Bankräuber aus dem 19. Jahrhundert handelte,eingeholt», sagt Regisseur Mann. Christian Bale mimt als FBI-Ermittler den Gegenspieler von Dillinger.
«Mein künstlerisches Ziel des Films war es, den Zuschauer in dieLage von John Dillinger zu versetzen, ihn greifbar zu machen und dieDinge aus seiner Perspektive zu sehen», sagt Mann. In der technischenUmsetzung gelingt ihm das hervorragend: Das historische Setting imChicago der Jahre 1933 und 1934 ist authentisch nachgezeichnet. JedesPlakat, jede Zeitung aus der damaligen Zeit sei im Original zu sehen,sagt Mann stolz über die detaillierten Bilder, die mit Digitalkamerasaufgenommen und nachbereitet wurden. Szenen im Gefängnis und in einemHaus im Wald seien teilweise an Original-Schauplätzen aufgenommenworden. «Die Kugeln in der Wand stammten noch von Schießereien mitdem echten John Dillinger.»
Die optischen Möglichkeiten Hollywoods sind fast unbegrenzt -dafür ist «Public Enemies» wieder einmal ein beeindruckendes Zeugnis.Doch abgesehen von dem visuellen Sog und exzessiven, brutalenSchusswechseln, wie sie der Amerikaner Mann schon in «Heat» oder«Miami Vice» inszeniert hat, bleibt das neue Leinwandwerk seltsamanämisch.
Die Figuren sind fast karikaturesk gezeichnet, darunter derschießwütige Heißsporn, der rational-logische Ermittler oder diesorgenvolle Geliebte, gespielt von der Oscarpreisträgerin MarionCotillard («La vie en rose»). «Ich mag Baseball, schnelle Autos, guteKleidung und Whiskey», beschreibt sich Dillinger einmal selbst. Alsein Gefolgsmann ihn nach seinen Fluchtplänen fragt, schüttelt er nurden Kopf: «Wir haben heute eine zu gute Zeit, warum an morgendenken?» Raum für Identifikation hat der Zuschauer nicht. DerBilderreigen mag perfekt inszeniert sein, letztlich kommt «PublicEnemies» aber über ein flüchtiges Kinoerlebnis nicht hinaus.