Kinostart: 31. August Kinostart: 31. August: «Adams Äpfel»

Hamburg/dpa. - Keineleichte Aufgabe, wenn man seine drei erwachsenen Zöglinge betrachtet:Der tumbe Neo-Nazi Adam (Ulrich Thomsen) schlägt im Zweifelsfall eherzu und überlegt erst anschließend, der arabische TankstellenräuberKhalid (Ali Kazim) schießt nicht nur auf Raben, und der versoffeneGunnar (Nicolas Bro) ist diebischer als jede Elster. Gelingt es Ivanmit seiner unerschütterlichen Güte dennoch, die drei Gefallenen zubekehren?
Unkonventionell dreht und wendet Regisseur Anders Thomas Jensen(«Dänische Delikatessen») das Thema um Gut und Böse so lange, bis derZuschauer nicht mehr weiß, wer eigentlich den verwerflicherenCharakter hat. Fein nuanciert, ist diese Satire über die Natur desMenschen ebenso spannend wie unterhaltsam.
So eindimensional die Charaktere zu Beginn des Films vorgestelltwerden, so komplex zeigen sie sich in ihrer Entwicklung. OhneSchwarz-Weiß Malerei versteht es Jensen, Übergänge zu verwischen undscheinbar klare Grenzen verschmelzen zu lassen. Auf Helden, die durchund durch ehrenhaft sind, wartet man vergebens.
Priester Ivan gibt seine ganze Nächstenliebe und versucht, die vomWeg Abgekommenen mittels kleiner Aufgaben zu erziehen. Adams Projektist es zum Beispiel, einen Kuchen zu backen - und zwar mit den Äpfelndes kircheigenen Apfelbaums. Der Baum, fortan symbolisch zubetrachten, muss einiges durchmachen. Scharen von pickenden Rabenstürzen sich auf die Äpfel und bringen damit Adams Vorhaben inGefahr. Das kann Priester Ivan natürlich nicht durchgehen lassen. Soversammelt er alle Schützlinge, um die lästigen Vögel zu vertreiben.
Doch die Prüfungen Gottes, denen Ivan sich unterzogen fühlt, sindhart, und erst als der Tankstellenräuber Khalid zur Waffe greift,lassen die Raben von Adams Äpfeln ab. Aber wofür braucht derehemalige Kriminelle überhaupt noch eine Waffe?
Ivan verschließt die Augen vor der Wirklichkeit und biegt sichalles so zurecht, dass es in sein Bild einer heilen Welt passt.Dieses fast manische Verhalten lässt Adam stutzig werden. Bei seinerSuche nach den Wurzeln kommen nach und nach versteckte Wahrheiten ansLicht, die die Fassade des Gutmenschen Ivan bröckeln lassen.Gleichzeitig drängen sich elementare Fragen auf: Wie viel Leidverträgt ein Mensch - und wie viel Güte?
Regisseur Anders Thomas Jensen spielt mit Stereotypen wie dem Nazioder dem Priester, um sie in einem völlig anderen, ungewohnten Lichterscheinen zu lassen. Dies allerdings nicht durchweg auf ernsteWeise, sondern sehr amüsant, mit skurrilem Humor.
Die Kirche fand den Streifen prima: Jensen erntete für «AdamsÄpfel» den «Kulturpreis der Dänischen Pastoren». Und das blieb nichtdie einzige Auszeichnung; der Dänische Filmpreis und derPublikumspreis des Filmfestes Hamburg vervollständigen die Liste.
Teil des Erfolgs sind auf jeden Fall die Schauspieler, die dieseschrägen Figuren überzeugend verkörpern und einem ans Herz wachsen,auch wenn keiner von ihnen als Sympathieträger durchgehen würde. Soist «Adams Äpfel» ein spezieller Film mit einer besondererAtmosphäre, der Lust auf noch mehr intelligentes und humorvollesdänisches Kino macht.