Kinostart 3. September Kinostart 3. September: «Taking Woodstock»
HAMBURG/DPA. - Nach sechs durchweg tragischen Filmenerfüllte sich der Oscar-Preisträger einen Herzenswunsch. «Ich habemich danach gesehnt, endlich eine Komödie zu machen», sagte Lee imMai beim Filmfestival in Cannes. «Ich glaube nicht, dass so etwas wieWoodstock heute noch einmal geschehen könnte. Und genau das vermisseich.»
Einen Oscar wird der 1954 in Taiwan geborene Regisseur für «TakingWoodstock» wohl kaum gewinnen, aber dafür macht diese bonbonbunteHommage an die Flower-Power-Zeit einfach riesigen Spaß. Schon imVorspann leuchtet das Gras wunderschön violett. Willkommen imHippieland. Mit einem tollen Ensemble von arrivierten Schauspielernund großartig aufspielenden Newcomern feiert Lee zwei Stunden langeinen historischen Moment der Befreiung und Euphorie, ohne rührseligoder sentimental zu werden.
Um das Konzert geht es dabei nur am Rande. Basierend auf demErinnerungsbuch von Elliot Tiber erzählt Lee die Geschichte desjungen Innenausstatters Elliot Teichberg (Comedian Demetri Martin),der mit allen Mitteln versucht, das marode Motel seinereigenbrötlerischen Eltern Jake (Harry Goodman) und Sonia (ImeldaStaunton) in der Kleinstadt Bethel zu retten. Als Elliot Wind davonbekommt, dass ein geplantes Open-Air-Konzert in einem Nachbarortabgesagt wurde, wittert der geschäftstüchtige Jungunternehmer seineChance: Er ruft den Veranstalter Michael Lang (Jonathan Groff) an,wenig später erobert eine Horde langhaariger Freaks das verschlafeneNest, und beim Milchbauern Max Yasgur (Eugene Levy, der Vater aus«American Pie») findet sich schließlich eine geräumige Kuhweide, diefür ein paar tausend Leute reichen sollte. Der Rest istMusikgeschichte.
Elliots rührige Eltern stehen der Invasion der Blumenkinderzunächst fassungslos, dann zunehmend geschäftstüchtig gegenüber.Woodstock war nicht zuletzt auch ein Riesengeschäft, Rockmusik undKommerz gingen immer Hand in Hand. Aber die USA sind tief gespalten,Elliots Jugendfreund Billy (Emile Hirsch) kommt als psychisches Wrackaus Vietnam zurück, lässt sich aber von der allgemeinen Euphorieanstecken. Eher pflichtbewusst hakt der Film, bisweilen in einemwahren Bildersturm mit «Split screen», alle relevanten Themen von derMondlandung über den ersten LSD-Trip im VW-Bus bis zumSchlammrutschen am Ende des Festivals ab, sogar der «Toilettenmann»aus David Wadleighs Dokumentarfilm kommt vor.
Aber Ang Lee findet eben immer wieder großartige Bilder und Szenenfür die Aufbruchstimmung in diesem kurzen Sommer der Anarchie.Elliot, sein Vater Jake und der Transvestit und ehemaligeKoreakämpfer Vilma (Liev Schreiber) stehen am See, Leute baden nackt,der Wind weht in den Bäumen, und dann setzt aus der Ferne die Musikein wie der Beginn einer neuen Zeit. «So sieht der Mittelpunkt desUniversums aus», meint Vilma und ermutigt Elliot, sich diesesEreignis nicht entgehen zu lassen.
Nach drei Tagen ist die Party vorbei, ein paar Leute räumen dieMüllberge zusammen. Der charismatische, aber seltsam unnahbareKonzertagent Michael reitet wie ein Feldherr nach der Schlacht überden Acker. Er erzählt Elliot von seinem nächsten Projekt, einGratiskonzert mit den Rolling Stones in Altamont. So endet Ang Leeskluger, facettenreicher Film nicht in naiver Flower-Power-Stimmung,sondern mit einer unheilvollen Vorausschau. Beim Konzert in Altamontam 6. Dezember 1969 starben vier Menschen, der «Summer of Love» warendgültig Geschichte.dpa gat yyon a3 bj 270132 Aug 09