Kinostart: 27. Dezember Kinostart: 27. Dezember: «Tödliche Versprechen»

Hamburg/dpa. - Der Regisseur David Cronenberg hat mit seinem LieblingsstarViggo Mortensen in «Tödliche Versprechen» einen archaisch anmutendenUr-Kampf inszeniert, der neue Maßstäbe für Körpereinsatz, Dramatikund - angemessene - Gewalt im Kino setzt.
«Die Gewalt ist nicht religiös, nicht politisch, nicht malsadistisch», sagt Cronenberg über die Brutalität seiner Charaktere,die einer russischen Mafiabande entstammen. «Gewalt gehört einfachzum Geschäft.» Dass diese Geschäftspraktiken aber Menschendeformieren, Familien zerstören und unendliches Leid über anderebringen - das zeigt er in seinem faszinierenden Thriller auch.
Die Geschichte spielt in London. In einem Krankenhaus stirbt eineblutjunge Mutter bei der Geburt ihres Kindes. Die Hebamme Anna (klarund zerbrechlich: Naomi Watts) will nach Angehörigen des Babys suchenund rutscht ahnungslos in ein Dickicht aus Menschenhandel,Prostitution und moderner Sklaverei. Ein in russischer Sprachegeschriebenes Tagebuch der Mutter liefert Anna erste Hinweise, dannbringen die Aufzeichnungen die Helferin selbst in Lebensgefahr.
Der gemütliche Besitzer eines russischen Restaurants in Londonbietet Unterstützung an. Der Deutsche Armin Mueller-Stahl spielt denPatriarchen mit beängstigender Freundlichkeit, gelassen und zugleichextrem gefährlich. Zu spät wird Anna klar, dass dieser feine alteHerr als Oberhaupt eines Mafia-Clans mit seinem Sohn (VincentCassell) zu den Tätern gehört, dass er russische Mädchen unterfalschen, tödlichen Versprechen nach London lockt.
Viggo Mortensen kommt als Fahrer und Begleiter des emotionalunstabilen Patriarchen-Sohnes ins Spiel und dominiert die Szenerie:Vollkommen ruhig, jede Faser seines Gesichts kontrolliert, die Händelocker vor dem Bauch verschränkt, verkörpert er eine Art beherrschterBereitschaft, auch die schrecklichsten Aufträge mit geschäftsmäßigerSorgfalt zu erledigen. Sein Körper dokumentiert seine Hingabe an dieBande in der geheimen Sprache besonderer Tätowierungen. Dass dieserMann viel mehr ist als nur ein Handlanger des Bösen, spürt auch dieHebamme Anna, die sich von ihm merkwürdig angezogen fühlt.
Das klingt nach einem klassischen Thriller - wäre da nichtCronenberg, der Meister der Beunruhigung. Früher galt er mit «DieFliege» oder «Crash» als Experte für künstlerische Horrorfilme,jetzt sind seine Filme zugänglicher geworden. Schon seine ersteArbeit mit dem «Herr der Ringe»-Star Mortensen («Eine Geschichte derGewalt», 2005) war eine präzise Charakterstudie. Deren Qualität wirddurch «Tödliche Versprechen» noch übertroffen. Cronenberg öffnet einFenster in eine verstörend unbekannte Welt, die nach eigenen Gesetzenparallel zu unserer Normalwelt in vielen Städten wirklich existiert.Ein kluger, ein spannender Film, dessen Brutalität zwar starke Nervenerfordert, aber niemals zum Selbstzweck wird.
(Eastern Promises, Großbritannien/Kanada 2007, 96 Min., FSK ab 16,von David Cronenberg, mit Viggo Mortensen, Naomi Watts, ArminMueller-Stahl)