Kinostart: 2. März Kinostart: 2. März: «Capote»

Hamburg/dpa. - Faszination, Schrecken, Schuld,Einsamkeit - all das spiegelt sich in diesem Moment auf CapotesGesicht. Allein für diese paar Sekunden schon hätte der Capote-Darsteller Philip Seymour Hoffman am Sonntag (5. März) einen Oscarverdient.
In fünf Top-Kategorien geht «Capote» ins Rennen um die Oscars:Neben Hoffman als Hauptdarsteller ist unter anderem der RegisseurBennett Miller mit seinem Spielfilm-Debüt für den Regie-Preisnominiert, sein Werk ist auch als bester Film des Jahresvorgeschlagen. Hier kommen neben einer schillernden, prominentenTitelfigur auch ein intelligentes Drehbuch, sensible Regie undfantastische Schauspieler zusammen. Der 38-jährige Hoffman(«Magnolia») agiert wie ein Insekt unter der Lupe der Kamera undmacht die inneren Konflikte eines Künstlers sichtbar, der in einerArt faustischem Pakt für den Erfolg seine Seele opfert.
Der Film beginnt im Herbst 1959: Truman Capote, damals 35 Jahrealt und nach dem Erfolg seines Romans «Frühstück bei Tiffany»exzentrischer Mittelpunkt der New Yorker Gesellschaft, liest in derZeitung von einem Mord in Kansas. Eine vierköpfige Familie wurdescheinbar «kaltblütig» von Raubmördern erschossen. Instinktiv wittertder Autor seine Geschichte. Mit einer Freundin, der ebenfallsschreibenden Nelle Harper Lee (Catherine Keener), fährt er in dieProvinz. Der perfekt gestylte, geziert auftretende Homosexuelle wirkthier so fremd wie ein Kaviar-Häppchen bei McDonalds. Dennoch gewinnter das Vertrauen sowohl des Chef-Ermittlers als auch von Perry Smith,einem der beiden Täter, die kurz nach dem Verbrechen gefasst und dannzum Tode verurteilt werden.
Längst will Capote keine Reportage mehr über den sinnlosen Todeiner Familie schreiben. Ein Buch soll es werden, ein«Tatsachenroman», der erste seiner Art. Capote beginnt eine intensiveplatonische Beziehung mit Smith, dem er sich durch ähnlicheKindheitserfahrungen verbunden fühlt.
Doch der Wille des Autors, im Licht zu stehen und dort auch zubleiben, führt ihn moralisch ins Dilemma: Für sein Werk beutet er denTodeskandidaten aus. Er verhilft Smith solange zu juristischemBeistand und Aufschüben der Hinrichtung, bis der ihm jedes Detailseiner Tat erzählt hat. Nach fünf quälenden Jahren der Recherche, derGespräche und der Arbeit am Manuskript wünscht Capote nur noch eines:Den Tod von Perry Smith, das richtige letzte Kapitel.
Der Film nach dem präzisen Drehbuch von Dan Futterman fragt nichtnach Schuld und enthält sich jeder Moral. «Capote» zeigt einen Autor,der an seiner Sucht nach Licht, nach Lob und Anerkennung leidet, aberin seiner glanzvollen Einsamkeit nicht darüber sprechen kann. Seineninneren Zerfall erlebt er ganz bewusst - und betäubt sich schnell mitAlkohol und Tabletten.
Das Buch «Kaltblütig» wurde 1966 veröffentlicht, einige Monatenach der Hinrichtung der Mörder von Kansas. Es geriet sofort zurliterarischen Sensation. Truman Capote sagte später, er habe sich vonder Anstrengung, dieses Werk geschaffen zu haben, niemals mehrerholt. Wer Philip Seymour Hoffman in seiner bisher größten Rollegesehen hat, glaubt das sofort.