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Kinostart: 19. November Kinostart: 19. November: «Tannöd»

Von Britta Schmeis 12.11.2009, 16:44
Traudl Krieger (l, Monica Bleibtreu) und Kathrin (Julia Jentsch) in einer Filmszene aus dem Kinofilm «Tannöd». Eine ganze Familie samt Kindern und Magd wurde in einer nasskalten Nacht von einem oder mehreren Tätern auf brutale Weise mit einer Art Spitzhacke erschlagen. (FOTO: DPA)
Traudl Krieger (l, Monica Bleibtreu) und Kathrin (Julia Jentsch) in einer Filmszene aus dem Kinofilm «Tannöd». Eine ganze Familie samt Kindern und Magd wurde in einer nasskalten Nacht von einem oder mehreren Tätern auf brutale Weise mit einer Art Spitzhacke erschlagen. (FOTO: DPA) dpa

Hamburg/dpa. - Nicht zu nah unddoch nah genug an der Romanvorlage erzählt sie die Geschichte um dengrausamen Mord an einer ganzen Bauernfamilie auf einem bayerischenHof in der Ödnis. Wie auch Schenkel beschränkt sich Oberli nicht aufden Stoff als Krimi, sondern zeichnet eine Gesellschaftsstudie -wirft die Frage nach Schuld und Verantwortung in einer Gemeinschaftauf. Dank großartiger Schauspieler, darunter Julia Jentsch und MonicaBleibtreu in einer ihrer letzten Rollen, ist «Tannöd» einbeklemmender wie nachdenklich stimmender Film.

Einsam liegt der Tannöd-Hof im blauschwarzen Tannenwald. Nurdunkle Wege führen von dem Dorf zu dem Gehöft, wo die gesamte FamilieDanner grausam und unbemerkt von den Dorfbewohnern mit einerKreuzhacke erschlagen wurde, selbst die Kinder und die neue Magd.Auch wenn ein Landstreicher schnell von den Dorfbewohnern verdächtigtwird, kann es jeder gewesen sein. Denn wundern tut die Tat keinen sorecht, war der alte Tyrann Danner doch bei allen verhasst, diegesamte Familie den Menschen suspekt und angsteinflößend. Die bigotteFrau sprach mit keinem und schaute weg, wenn sich ihr Mann an derTochter verging. Auf dem Hof lebte die Sünde, der Teufel.

Zwei Jahre nach der Tat kommt die größtenteils von Oberlierfundene junge Kathrin (Julia Jentsch) in das Dorf, um ihre Mutterzu begraben. Zurückhaltend und wie aus einer anderen Welt steigtKathrin bei strahlendem Sonnenschein aus dem Bus. Schenkel hatte denrealen Fall aus den 1920er Jahren schon in ihrem Roman in die 50erJahre verlegt, was Oberli und Drehbuchautorin Petra Lüschowübernommen haben. Kathrin sieht frisch, sauber, jung aus und stehtdamit im krassen Kontrast zu der Dunkelheit, dem Dreck und der Wandaus Schweigen, die im Dorf herrschen. Doch nach und nach taucht sieimmer weiter in die Dorfgemeinschaft ein, lernt die Bigotterie,Gewalt, Verlogenheit, das Misstrauen und den gegenseitigen Hasskennen. Und sie merkt, dass sie selbst mehr mit dem Fall zu tun hat,als ihr lieb ist.

Der Mörder der Danners ist da immer noch nicht gefunden. Fastjeder hätte einen Grund gehabt, doch alle schauen weg. Einzig dieschrullige Traudl Krieger (Monica Bleibtreu), deren Schwester alsMagd auch auf dem Danner-Hof ermordet wurde, legt immer wieder denFinger in die Wunde, spricht Dinge aus, die sonst keiner zu sagenwagt.

Die von Schenkel in Interview-ähnlichen Mosaikstücken erzählteGeschichte schildert Oberli in Rückblenden. Hier die brutale Tat unddas Leben der Danners, dort das Jetzt mit der jungen zunächstahnungslosen Kathrin. Doch nach und nach vermischen sich die Bilder.Wie stark Misstrauen und Missgunst weiter in dem Dorf herrschen, wirdklar. Und über alldem erklingen immer wieder die von Mutter Dannerleise genuschelten Gebete.

«Der Film ist nicht im klassischen Sinne als Krimi angelegt miteiner Ermittlerin, die dem Täter auf die Spur kommt», sagte JuliaJentsch in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Wiein dem Roman tappe auch der Zuschauer lange im Dunkeln. Zum Schlussahne man zwar, wer der Täter ist. «Aber es ist eben nicht nur einSchuldiger, das wäre zu einfach.» Zu einfach wäre auch zu glauben,dass so ein Netz aus Lügen und Schweigen nur in der vermeintlichenIdylle einer dörflichen Gemeinschaft möglich wäre. Und so geht derZuschauer fast benommen und mit einem sehr beklemmenden Gefühl ausdem Kino, wozu auch die dunklen, gewaltigen Bilder der bayerischenÖdnis und die dramatische Musik beitragen.