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Kinostart: 15. Dezember Kinostart: 15. Dezember: «Alles ist erleuchtet»

Von Peer Meinert 08.12.2005, 08:45
Elijah Wood macht sich in der Rolle des jungen amerikanischen Juden Jonathan Safran Foer in einer Szene des Film «Alles ist erleuchtet» auf eine lange Reise. (Foto: dpa)
Elijah Wood macht sich in der Rolle des jungen amerikanischen Juden Jonathan Safran Foer in einer Szene des Film «Alles ist erleuchtet» auf eine lange Reise. (Foto: dpa) warner

Rom/dpa. - Es gibt Filme, bei denen der Zuschauer sich prächtigamüsiert, streckenweise regelrecht begeistert und am Ende voll desLobes ist. Und dann, nach ein paar Stunden oder ein paar Tagen stelltsich eine nagende Frage ein: War das eigentlich ein wirklicher guter,ein großer Film? So kann es einem nach «Alles ist erleuchtet» gehen,dem Regiedebüt des US-Schauspielers Liev Schreiber («The ManchurianCandidate»). Eine Geschichte, die in der Ukraine spielt, denHolocaust als Hintergrund hat und trotzdem über weite Strecken zumLachen reizt, dass es die reine Freude ist. Und zu all dem spieltauch noch Elijah Wood die Hauptrolle: Am 15. Dezember kommt der Filmin die deutschen Kinos - sehenswert ist er allemal.

Der Streifen ist die Verfilmung des gleichnamigen und hochgelobtenUS-Bestsellers «Alles ist erleuchtet» von Jonathan Safran Foer. InRoman und Film ist der Autor zugleich die Hauptperson: Ein jungeramerikanischer Jude, der auf der Suche nach der Geschichte seinerermordeten Vorfahren in die Ukraine fährt. Dort trifft er auf einenverrückten, jungen Ukrainer, der ein wunderschön unbeholfenes undfalsches Englisch spricht, und dessen Großvater, beide leichtantisemitisch angehaucht. In einem klapprigen Auto aus deruntergegangenen Sowjetzeit macht sich das Trio auf die Suche.

Allein schon der Anblick von Elijah Wood als behütetes,gutbürgerliches, amerikanisches Jüngelchen, wie er im «wilden Osten»ankommt: Dunkler Anzug, braver Scheitel und dazu eine Brille, die ausPanzerglas sein könnte. «Sieht aus wie sein Bestattungsunternehmer»,schreibt ein US-Kritiker. Und genau so vorsichtig-schüchtern benimmter sich auch. Dagegen sein Führer Alex (Eugene Hutz): Ein Junge inTurnschuhen und mit Goldzahn, lebensschlau und durchtrieben und miteiner unstillbaren Liebe für das Konsum-Amerika, das dem Besuchereher ein Schrecken ist. Alles ist bizarr und zugleich ein bisschendick aufgetragen, doch die Klischees sind derart sympathisch, dassman sie geradezu dankbar annimmt.

Die verrückte Reise erzählt Schreiber im atemberaubenden Tempo,mit Witz und wundervoller ukrainischer Musikuntermalung, dass diebesondere Atmosphäre dieses ganz besonderen Romans lebendig wird -zumindest ein Teil des Romans, der lustige nämlich. «Zum ersten MalRegisseur zu sein, ist sicher nicht die angenehmste Rolle», meintSchreiber, aber das ist reine Koketterie. In dem Streifen wimmelt esvon skurrilen, witzigen Zitaten, eine kunterbunte Szene reiht sich andie andere, das Ganze präsentiert der Debütant nicht nur handwerklichgeschickt und professionell - der Film ist einfach exzellent gemacht.Alles ist irgendwie humoristisch verpackt und in ein mildes Lichtgetaucht, was freilich ewas auf die Nerven gehen kann - und auch derHaken des Films ist.

«Der Film legt nahe, dass auch das dunkelste Kapitel derGeschichte in einem tröstenden Schein gebadet werden kann», meinteein US-Kritiker. «"Alles ist erleuchtet" ist eine freundliche Komödiedes Verstehens und Vergebens im Schatten des Holocaust.» Der Film istim wesentlichen ein Road Movie in der Ukraine, und je mehr sich dasTrio der Wiederentdeckung des von den Nazis ausradierten Schtetlnähert, um so verfahrener, ungereimter und diffuser wird derStreifen. Am Ende bleibt der Zuschauer, von Witzen und lustigenSprachverdrehern erheitert, von ukrainischer Zigeunermusik angefacht,ein wenig ratlos zurück. Ein wirklich guter Film, ein großer Film?Vielleicht eher ein großartiges Regiedebüt, das auf noch viel mehrhoffen lässt.