Kinostart: 13. November Kinostart: 13. November: «So viele Jahre liebe ich Dich»

Berlin/dpa. - Im Mittelpunkt der angenehm unaufgeregt erzählten Geschichte steht die von Kristin Scott Thomas verkörperte Juliette, Mitte oder Ende 40. Gerade wurde sie nach fünfzehn Jahren aus dem Gefängnis entlassen. Ihre jüngere Schwester Léa nimmt sie bei sich und den ihren - Mann und zwei Kinder - auf. Schnell stellen die zwei Frauen fest, wie fremd sie einander geworden sind. Über allem liegt ein lastendes Schweigen. Niemand redet über das, was geschehen ist. Was Léa nicht aushält. Es drängt sie, das Gespräch zu suchen: über die Tat, über Juliettes Motiv dazu, über den Verlust des einstigen Miteinanders. Als sie es schafft, ihrem Herzen Luft zu machen, kommt es zu einer Explosion, die weitere Fragen aufwirft.
A und O des Films ist die Darstellung der Juliette durch KristinScott Thomas. Sie nimmt die Zuschauer gleichsam bei der Hand undlässt sie direkt teilhaben an Juliettes Versuch, wieder Fuß imalltäglichen Dasein der bürgerlichen Gesellschaft zu fassen. Anfangs sind ihre Blicke leer, nahezu starr. Es dauert lange, bis die Frau die Last des Geschehenen zwar nicht ablegen, aber sie immerhin ertragen kann.
Spätestens seit «Der englische Patient» einem Millionenpublikumbekannt, zeigt die in Frankreich lebende Engländerin wiedereindrucksvoll ihre Fähigkeit, komplizierte Charaktere mit einemMinimum an schauspielerischem Aufwand lebendig werden zu lassen. Und: Der Augenaufschlag der Kristin Scott Thomas ist einfach bezaubernd. Wie nur wenige Schauspielerinnen ihrer Generation versteht sie es meisterhaft, einer von ihr interpretierten Figur ein Geheimnis zu geben.
So auch dieses Mal. Sie lässt tief in Juliette hineinblicken, doch was diese Frau im Innersten tatsächlich antreibt, bleibt verborgen. Das gibt dem Film eine teilweise schier berstende Spannung. Während der diesjährigen Internationalen Filmfestspiele in Berlin, wo der Film im Wettbewerb lief und den Preis der Leserjury einer großen Berliner Tageszeitung erhielt, galt Kristin Scott Thomas auch als herausragende Kandidatin für die Auszeichnung als beste Schauspielerin.
Der französische Schriftsteller Philippe Claudel erzählt in seinem Filmdebüt mit bewundernswertem Mut zur Ruhe von einem erzwungenen Neuanfang. Hier erklären keine Plapperdialoge das Geschehen, rückt die Kamera den Protagonisten nicht rückhaltlos auf den Leib, bleibt vieles im Dunkel. Ein im besten Sinne seelenvoller Film, der Licht und Schatten des Menschseins auf hinreißende Art und Weise zu erkunden sucht.