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Kinostart: 10. Juni Kinostart: 10. Juni: «Reconstruction»

Von Thomas Borchert 07.06.2004, 15:30
Nicoljaj Lie Kaas als Alex und Maria Bonnevie als Aimee in dem Drama «Reconstruction» von Christoffer Boe. Als Alex die schöne Aimee in einer Kopenhagener Bar kennenlernt, will er sein ganzes Leben für sie ändern. Doch ist auch Aimee dazu bereit? (Foto: Archiv)
Nicoljaj Lie Kaas als Alex und Maria Bonnevie als Aimee in dem Drama «Reconstruction» von Christoffer Boe. Als Alex die schöne Aimee in einer Kopenhagener Bar kennenlernt, will er sein ganzes Leben für sie ändern. Doch ist auch Aimee dazu bereit? (Foto: Archiv) ddp

Kopenhagen/dpa. - Eine Liebesgeschichte beginnt, aber der Zuschauer in «Reconstruction», dem ersten Film des Dänen Christoffer Boe, hat hier schon die halb mutige, halb freche Mahnung des Filmerzählers hinter sich: «Denken Sie daran: Alles ist Film, alles ist konstruiert, und dennoch tut es weh.»

Der 30-jährige Boe ist für die originelle filmische Umsetzung von Mut und Frechheit als Regieneuling bei «Reconstruction» mit dem Nachwuchspreis «Caméra d'Or» in Cannes (2003) ausgezeichnet worden. Jetzt können deutsche Kinobesucher sich ein Bild machen, ob Cannes-Jury und internationale Kritik Recht haben mit ihrem einhelligen Lob für das neueste Gewächs aus dem weiter üppig sprießenden dänischen Talente-Beet.

Boe bereichert es um eine recht eigenwillige Blüte. Schnell zeigt sich, dass die Liebesgeschichte zwischen Aimee, gespielt von Maria Bonnevie, und Alex (Nikolaj Lie Kaas) zu vertrackten Entwicklungen für das Raum- und Zeitempfinden auch des Zuschauers führt. Alex' Entscheidung für Aimee und damit gegen seine (ebenfalls von Bonnevie gespielte) bisherige Freundin Simone löscht buchstäblich das gewohnte Leben aus. Simone erkennt ihn nicht mehr, der Eingang zu seiner Wohnung ist verschwunden. Als er Aimee wiedertrifft, wird es die erste Begegnung mit einer Fremden. Gleichzeitig erweist sich, dass die Geschichte Teil eines Romans ist, an dem Aimees schwedischer Ehemann gerade arbeitet.

«Ich habe dem Film eine sehr komplexe Struktur gegeben, um alles am Ende einfach werden zu lassen», sagt Boe über seinen eigenwilligen Umgang mit Chronologie und logischer Handlung. «Verführen» ist ein oft genannter Lieblingsbegriff des Dänen, der dabei beim Publikum mit Bildern statt einer Geschichte erfolgreich sein will: «Ich hoffe, die Zuschauer lassen sich verführen durch diese Geschichte mit einem schönen Mann und einer schönen Frau, statt immer nach einem Sinn zu fragen.»

Wer sich einlassen kann auf dieses Spiel, erlebt einen raffiniert gebauten Film mit intensiven und intimen Bildsequenzen. Boe hat hübsche Ideen wie etwa die Vorstellung von Handlungsorten durch Satellitenfotos und entwickelt insgesamt eine filmische Sprache, die sich originell abhebt von dem, was sonst an Dogma- oder sonstigen Beziehungs-Filmen aus Dänemark kommt. Der Regisseur selbst bringt das Problem auf den Punkt: «Man muss den Ton mögen. Sonst wird man den Film komplett ablehnen.»

Auch Vergleiche mit Lars von Trier, dem Urvater der erfolgreichen jungen Film-Dänen, geht Boe mutig und ein bisschen frech an: «Er macht Antifilm, ich mache Profilm». Bei allem Respekt für die Pionierleistung von Triers wolle er nun einfach zeigen, dass er besser sei: «Ich will ihn ganz einfach hinter mir lassen.» In Cannes letztes Jahr gelang ihm das schon, als Trier mit seinem hochfavorisierten Streifen «Dogville» im Hauptwettbewerb leer ausging, während «Reconstruction» überraschend den Nachwuchspreis gewann.