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Kinofilm «World Trade Center» Kinofilm «World Trade Center»: Hollywoods Antwort auf den Terror

Von Caroline Bock 27.09.2006, 07:03
John McLoughlin (Nicolas Cage, 2.v.l.) geht im neuen Kinofilm «World Trade Center» mit seinen Kollegen durch das World Trade Center. (Foto: dpa)
John McLoughlin (Nicolas Cage, 2.v.l.) geht im neuen Kinofilm «World Trade Center» mit seinen Kollegen durch das World Trade Center. (Foto: dpa) UIP

Berlin/dpa. - Fünf Jahre nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 kommt Oliver Stones mit Spannung erwarteter Film ins Kino, der mit großer Geste versucht, diesem Trauma gerecht zu werden.«World Trade Center» erzählt die wahre Geschichte der zwei New Yorker Polizisten John McLoughlin und Will Jimeno (Nicolas Cage und Michael Peno), die wie durch ein Wunder nach 15 Stunden lebend aus den Trümmern der Wolkenkratzer gerettet werden.

Anders als Paul Greengrass mit «Flug 93», der den Kampf der Passagiere im vierten gekaperten Flugzeug zeigt, verarbeitet Stone «9/11» zu großem Hollywood-Kino mit Happy-End.

Ausgerechnet der Vietnamveteran Stone, der mit Filmen wie «J.F.K.»und «Born On the Fourth of July» kritischen Geist bewies, hat eineindimensionales, vor Patriotismus strotzendes Rührstück gedreht, dasauch die Geschichte eines Grubenunglücks hätte erzählen können. Ausdem bis heute unfassbaren Anschlag, der fast 3000 Menschen in den Todriss und die Welt veränderte, wird ein Event-Film, deruramerikanische Werte wie Männlichkeit, Familie, die Kraft desIndividuums und das Recht auf Rache propagiert.

Die «New York Times», die vielleicht am besten einen Querschnittdes amerikanischen Publikums repräsentiert, fand den Film, der in denUSA sehr erfolgreich startete, dennoch «wirklich bewegend undschrecklich traurig». Stone sagt, er habe einfach nur dieauthentische Geschichte dieser beiden Polizisten erzählen wollen. «Esgibt Überlebende. Sie können das ein Hollywood-Ende nennen, aberwissen Sie was? Überall auf der Welt wollen die Menschen Hoffnung,deswegen sind Hollywood-Filme international erfolgreich.» Für einenkomplexen Film über den Terror, seine Ursachen und Folgen ist esseiner Meinung nach zu früh.

Immerhin schafft es Stone handwerklich solide, das Leid derbangenden Angehörigen glaubhaft zu zeigen. Maria Bello und MaggieGyllenhaal überzeugen als Ehefrauen, auch Cage und Peno, die dieharten Kerle mit dem weichen Familienvater-Herzen spielen, ist keinVorwurf zu machen. Ermüdend sind die Durchhaltedialoge derverschütteten, schwer verletzten Polizisten, das schmutzverschmierteGesicht des schnauzbärtigen Cage in Großaufnahme, dazu erscheintseinem Kollegen auch noch die Vision eines Jesus mit einerWasserflasche in der Hand.

Zugute halten kann man Stone noch, dass er nicht die Fernsehbilderauswählt, die sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt haben,sondern etwas andere Nuancen wählt. Der Einsturz der Türme istbeispielsweise nicht vollständig zu sehen, sondern das unterirdischeInferno, wie es die Polizisten erleben. Die verwirrendeNachrichtenlage, die Trümmer, der Staub, die vom Himmel rieselndenPapier-Zettel, die Wände mit Vermissten-Anzeigen: Das alles wirktauthentisch.

Aber das Gesamtbild des 11. Septembers 2001 war anders als derFilmtitel beansprucht. Überlebende wie die beiden Polizisten warendie absolute Ausnahme. Hier hat «9/11» ein Happy End. Für den US-Zuschauer und besonders die traumatisierten New Yorker ist der Filmein Kino-Trostpflaster. Seine Botschaft lautet: Wir Amerikaner lassenuns nicht unterkriegen, wir werden diese Prüfung bestehen. Stonelässt US-Präsident George W. Bush dies in einem zentralen Satz sagen.

Dazu erlaubt sich Stone eine fragwürdige politische Botschaft:Eine zentrale Figur ist der Ex-Elitesoldat Carnes (Michael Shannon),der aus der Provinz anreist, um in New York nach Überlebenden zusuchen. Nachdem er noch zum Friseur geht, um sich einen martialischenHaarschnitt verpassen zu lassen, beginnt er seine Mission in denTrümmern und beschließt am Ende, sich wieder zu verpflichten, um seinLand zu rächen. Im Abspann werden dann seine Einsätze im Irakerwähnt. Das passt zum Irrglauben mancher Amerikaner, Saddam Husseinstecke in irgendeiner Form hinter den Anschlägen.