Kino Kino: Genosse Wiesler macht mobil
Halle/MZ. - Gerd Wiesler, maschinenfleißiger Offizier der Staatssicherheit, macht mobil, "Schild und Schwert der Partei" (Eigenwerbung der Stasi) ist wieder ein öffentliches Thema. Manchmal hatte man auch schon gehört, darüber lohne das Reden nicht mehr. Schlussstrich.
In dieser Ecke wird man Kuhn, der selbst von Mielkes Genossen bespitzelt worden ist, nicht vermuten. Kritisch sieht er den Film dennoch. Das kann dem jungen Autor und Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck und seiner tollen Schauspieler-Mannschaft eigentlich nur recht sein: Denn eine Kanonisierung ihrer Arbeit, zu der Meinungsbildner kräftige Beiträge leisten, nützt seinem Anliegen nicht unbedingt. Niemandem wäre geholfen, nicht mehr vom Vergangenen verstanden, beschlössen wir per Akklamation: So ist es gewesen, wie furchtbar, nun wissen wir endlich Bescheid. Das bedeutete, den Schlussstrich mit anderen, mit wohlwollenden Mitteln zu ziehen.
Drei Dinge sind es, an denen Christoph Kuhn sich reibt: Es gibt Szenen, die wohl aus dem Wissen von heute stammen müssen. "Sind Sie mein Führungsoffizier?", fragt Christa-Maria Sieland (Martina Gedeck) den Verhörspezialisten Wiesler (Ulrich Mühe), als sie bereit ist, ihren Freund, den Schriftsteller Georg Dreyman (Sebastian Koch), an die Stasi zu verraten.
Führungsoffizier, dieser Terminus gehört aber in die Sprache der Geheimen, den hat man als unbescholtener Bürger gar nicht gekannt. Eine klare Perspektive vermisst Kuhn: "Es wird aus zu vielen Köpfen erzählt". Und gern würde er mehr über die Figuren erfahren - über das äußerst arglose Opfer Dreyman wie über Wiesler, der aussteigt, als er seine eigene, lieblose Existenz am Leben der von ihm Bespitzelten gespiegelt sieht.
Plötzlich liest Wiesler Brecht auf seiner kargen Couch - in einem Band, den er aus Dreymans Wohnung mitgenommen hat. Dieser Seitenwechsel scheint Kuhn nicht hinreichend beglaubigt: "Es gibt zu viele Leerstellen und Klischees". Gleichwohl: die Blicke in das Innere des Stasi-Apparates sind von großer emotionaler Wirkung. Zum Beispiel jene Szene, in der ein junger Offizier in der Kantine einen Honecker-Witz erzählt und vor Schreck erstarrt, als er zu spät seinen Chef (Ulrich Tukur) am anderen Ende des Tisches gewahrt...
Darauf können wir uns am Ende einigen: Bei allen Kolportage-Elementen, die wohl der Spannung als Tribut gebracht worden sind, regt "Das Leben der Anderen" zum Erinnern und Darüber-Reden an. Das hat Genosse Wiesler geschafft.