Karl Ernst Tielebier-Langenscheidt Karl Ernst Tielebier-Langenscheidt: Ein Leben für Bücher

München/dpa. - Das blaue L auf gelbem Grund kennt fast jeder.Doch der Mann, der dahinter steht, ist außerhalb der Branche kaumbekannt: Karl Ernst Tielebier-Langenscheidt, 1948 in der viertenGeneration in den Verlag eingetreten, gehört zu den Unternehmern miteinem besonders ausgeprägten Gespür für Themen, Strömungen und Erfolgversprechenden Zukunftsentwicklungen. Trotz dieser großen Leistungenblieb der Vater zweier Söhne und einer Tochter, der am Donnerstag(27. Juli) seinen 85. Geburtstag feiert, immer zurückhaltend.
Der gebürtige Berliner, ein studierter Bauingenieur undBetriebswirt, baute das nach Bombenangriffen 1944 zerstörte und durchdie russische Blockade Berlins noch zusätzlich in Bedrängnis gerateneUnternehmen wieder auf und machte es zum führenden deutschenSprachen- und Reiseführerverlag. Nach dem Mauerbau 1961 wurde nebenBerlin eine Zentrale in München gegründet. Ende der 50er Jahre sahTielebier-Langenscheidt den aufkommenden Massentourismus voraus undschuf sich mit der Polyglott-Reihe 1959 im Freizeitbereich einezweite Verlagssäule.
Dazu zählte 1970 auch der Kauf des Humboldt Taschenbuch Verlagesmit Ratgeber-Themen und 1983 des Karl Baedecker Verlags, die späterwieder verkauft wurden. Außerdem stieg Langenscheidt alsMehrheitseigner bei der renommierten Brockhaus AG ein. Eine weitere,von großem Erfolg gekrönte Unternehmensstrategie war die stärkereInternationalisierung von Langenscheidt mit Kooperationen,Partnerschaften oder Übernahmen ausländischer Verlage sowie derGründung von Niederlassungen in Wien, Zürich und New York. Zu dieserVerlagspolitik zählt auch die Beteiligung an den APA-Reiseführern mitweltweit über 1000 Titeln in 11 Sprachen.
Die Unternehmensstrategie seines Großvaters Carl Langenscheidt,der mit den ersten Sprachlernkursen auf Grammophonplatten 1905 dieWirkung neuer Medien im Verlag erprobt hatte, setzte der Enkel mitder damaligen Weltneuheit «Alpha 8» sehr erfolgreich fort: Mit demelektronischen Wörterbuch stieg er 1983 als erster Sprachenverlag indie Elektronik ein.
Komplettiert wurde dieses Engagement auf dem Gebiet derelektronischen Märkte mit der Übernahme der Hexaglot-Gruppe und desFachbuchwörterverlags Alexandre Hatier. Schon heute macht dieserBereich rund zehn Prozent des Jahresumsatzes der Gruppe aus. Trotzseiner Größe mit weltweit 1400 Mitarbeitern in 38 Firmen in 11Ländern und einem geschätzten Jahresumsatz von rund 255 MillionenEuro ist der Verlag auch heute noch in seinen Grundzügen einFamilienbetrieb geblieben.
Der mit dem Bayerischen Verdienstorden geehrte Verleger wirdseinen Geburtstag im Kreise seiner inzwischen auf sieben Enkelkinderangewachsenen Familie feiern, die ihm nach eigenem Bekunden nochwichtiger als alle Verlage ist. Langenscheidts «Leben für Bücher»findet seine Fortsetzung in der Person seines Sohnes Andreas, derseit 1990 in der fünften Generation das operative Verlagsgeschäftleitet. «Ich gehe davon aus, dass sich auch in Zukunft jemand aus derFamilie für den Verlag finden wird - zumindest wünsche ich mir das.Den Stab habe ich inzwischen an meinen Sohn abgegeben, aber der 150Jahre alte Verlag liegt mir auch nach 58 Jahren noch am Herzen», sagtder Senior.
Er geht auch mit fast 85 nach wie vor jeden Tag in sein Büro. «Mirist es einfach eine Freude, hier zu sein.» So wird der Verleger auchnach seinem Geburtstag wie stets Ansprechpartner und Ratgeber fürseine Mitarbeiter sein, die ihn kurz und liebevoll TL nennen.Tielebier-Langenscheidt: «Ich habe Freude an Abkürzungen.»