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Karel Gott Karel Gott: In einem unbekannten Land vor gar nicht allzu langer Zeit

Von Christian Eger 13.07.2004, 15:46
Der tschechische Sänger Karel Gott tritt am 05.06.2004 bei der Generalprobe zum "Hochzeitsfest der Volksmusik" in der Bördelandhalle in Magdeburg auf. (Archivfoto: dpa) (Foto: MZ)
Der tschechische Sänger Karel Gott tritt am 05.06.2004 bei der Generalprobe zum "Hochzeitsfest der Volksmusik" in der Bördelandhalle in Magdeburg auf. (Archivfoto: dpa) (Foto: MZ) dpa-Zentralbild

Halle/MZ. - So konnte es nicht bleiben. An einem Tag des Jahres 1959 wurde Lehrling Karel losgeschickt, um Bier für die Brigade heranzuschaffen. Vom Bier holen ist Karel Gott eigentlich nie zurück gekehrt. In der CKD-Kantine entdeckte der 19-Jährige den Aushang für einen Sängerwettbewerb. Gott kam, sah, siegte; der Rest ist Legende. Die "Goldene Stimme" aus der "Goldenen Stadt" brachte ihm buchstäblich Gold ein. Nach drei Jahren Gesangsausbildung und ersten Engagements landete er 1967 mit dem Schiwago-Lied "Weißt du wohin" seinen ersten Hit. Wo er hin wollte, wusste Karel Gott immer.

"Richtig pompös, fanfarisch, monumental": Das ist nach eigener Aussage das Lieblingsformat des Schlagerstars Karel Gott. So gesehen, ist seine Interpretation des "Biene Maja"-Titelsongs - den heutzutage jedes dreijährige Kind kennt - ein konzeptioneller Ausrutscher gewesen: ein Kinderzimmer-Knaller. Aber wie kein zweiter Hit des Karel Gott-Sortiments versetzt dieser die Hallen in Trab. Das gelang näherungsweise nur noch mit "Einmal um die ganze Welt" und "Babicka".

Ein Welthit fehlt bislang, kann aber noch kommen; auch deshalb darf Karel Gott, der am Mittwoch 65 Jahre alt wird, nie altern. Der volle Ton, der dicke Schmalz, der helle Augenglanz: Das sind die Zutaten seiner Erfolgsware, die seit der Easy-Listening-Welle Mitte der 90er Jahre als ein jenseits von Gut und Böse gehandeltes Volksgut unterwegs ist. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch der Schlager den Welterbe-Status der Unesco erhält. Wenn, dann ist Karel Gott mit dabei.

Allein der Vorschlag vom Vorjahr, Karel Gott zum tschechischen Präsidenten-Kandidaten zu küren, konnte sich nur einer kollektiven Wahrnehmungseintrübung verdanken. Denn Karel Gott ist in seiner Heimat - freundlich gesagt - sehr umstritten. Man hat nicht vergessen, wie sehr der Sänger, der kein Mitglied der Partei war, sich vor dieser verbeugte. In einer Parteikampagne gegen die Unterzeichner der Bürgerrechts-"Charta 77" bedankte er sich noch Anfang 1977 öffentlich bei der Partei- und Staatsführung für die "gute Atmosphäre", die seine Karriere ermögliche. Als Gott für die Gala zum Abschied von Vaclav Havel im Gespräch war, sprang sofort die Hälfte der angesagten Künstler ab.

Das alles ist lange her, aber längst nicht vorbei. Vor fünf Jahren feierte Karel Gott mit 14 000 Gästen in der Prager Sporthalle, am Mittwoch prostet er mit seiner 28-jährigen Freundin im kleinen Kreis in Amerika. Es nerve, klagt er, dass er für die Leute vor allem das sei: "Karel Gott aus der Schlager-Schublade, Abteilung Schnulze aus Prag". Zwei Alben will er diesem Ruf entgegensetzen.