Kanadische Dokumentarfilmer: «Michael Moore fälscht und lügt»
Hamburg/dpa. - Wider Willen sind die kanadischen Dokumentarfilmer Debbie Melnyk und Rick Caine zu Gegnern von Michael Moore geworden. Voller Bewunderung wollten sie selbst einen Film über den Oscar- Preisträger und seine Arbeit machen.
Doch im Zuge ihrer Recherchen stießen sie auf «Lügen» und «Verfolgungswahn», wie sie berichten. «Manufacturing Dissent» (Die Herstellung von Streit) heißt ihr eigener sehenswerter Dokumentarfilm über Moore und dessen Methoden (ab 11. November auf DVD). Im Gespräch mit der Deutschen Presse- Agentur dpa schildern Melnyk und Caine ihre Erkenntnisse über Moores Umgang mit der Wahrheit.
Was werfen Sie Michael Moore konkret vor?
Debbie Melnyk: «Wir werfen ihm vor, dass er lügt, dass er komplette Szenen erfunden und sogar mit Schauspielern gefälscht hat. Er hat zum Beispiel seinen ganzen Film "Roger & Me" auf der Lüge aufgebaut, dass ihm der Chef von General Motors kein Interview gewähren wollte. Doch das stimmte nicht. Tatsächlich hat er sogar zwei Mal mit ihm gesprochen. In "Fahrenheit 9/11" hat er eine Szene mit George Bush völlig entstellend und fernab von jeder Wahrhaftigkeit aus dem Zusammenhang gerissen. Dabei ist es so wichtig für Dokumentarfilme, die Wahrheit zu schildern und Lügen aufzuzeigen - und nicht selbst Lügen zu verbreiten.»
Rick Caine: «So kann man nicht mit Fakten umgehen, wenn man als Dokumentarfilmer zumindest der Berufsbezeichnung nach irgendwie den Anspruch hat, Wirklichkeit zu dokumentieren. Moore kann seine Filme als Satire oder politische Comedy verkaufen, aber nicht als Dokumentarfilm. In den USA verfällt der Umgang mit der Wahrheit. Die Regierung lügt, fälscht und verdreht, Journalisten - sogar welche von der "New York Times" - erfinden ganze Geschichten. Und eben auch Michael Moore, die wichtige Stimme der Linken. Wenn wir das nicht schlimm finden sollen, wer denn sonst?»
Bedauern Sie manchmal, dass Sie diese unangenehmen Tatsachen über den bewunderten Michael Moore herausgefunden haben?
Melnyk: «O ja, wir hatten eine schwere Zeit damit. Wir sind ja politisch mit ihm eigentlich einer Meinung. Wir haben viel mit Freunden diskutiert und hatten schlaflose Nächte. Wir attackieren nun mal den Typ, der als Wortführer der amerikanischen Linken auftritt. Aber er ist der falsche Führer. Er hat sehr aggressiv auf unsere Fragen reagiert, voller Verfolgungswahn. Er hat sich den Vorwürfen nie wirklich gestellt. Er führt uns auf den falschen Weg, weil er ganz eigene persönliche Gründe hat. Wenn er so offensichtlich lügt und übertreibt, dann spielt er doch den Rechten in die Hände. Und er macht dasselbe, was wir dem Gegner immer vorwerfen. Das geht einfach nicht.»
Aber glauben Sie denn, dass das Publikum die offensichtlich satirischen Elemente in Moores Filmen wirklich für wahr hält?
Melnyk: «Die Leute wissen schon, dass Michael immer irgendwie übertreibt. Aber sie wissen nicht, dass er auch einfach Sachen erfindet. Es gibt doch einen Unterschied zwischen satirischer Übertreibung und krankhafter Lüge, oder?»
Interview: Karin Zintz, dpa