Kabarett Kabarett: Suche nach erfrischender Jugend

Leipzig/dpa. - Nicht nur bei GeschäftsführerDieter Richter lichten sich die Haare. Auch viele der zu DDR-Zeitenfür ihre scharfzüngigen Pointen bekannten Mimen und Autoren habenlängst das Pensionsalter erreicht. Die Pfeffermüller sind nun in dieOffensive gegangen und haben eine Kabarettschule gegründet. «Das sindLeute, die mit Lust und Laune an die Sache gehen und Probleme derJugendlichen und jüngeren Generation auf die Bühne bringen», sagtRichter. Das erste daraus hervorgegangene Ensemble besteht aus siebenTeenagern und Mittzwanzigern - vom Abiturienten bis zur Zahnarzt-Helferin.
Tagsüber arbeitet Alexander Matthias (20) in einem Hotel in derLeipziger Innenstadt, adrett gekleidet und mit einem kessen Spruchauf den Lippen. Freitags dann zeigt er seine Leidenschaft für dieBühne, wenn er im abgedunkelten «Pfeffermühlen»-Saal als BankmanagerJosef Ackermann mit Schweizer Akzent «Moral» auf «scheißegal» reimtoder Friedrich Schillers Ballade «Der Handschuh» ins Sächsischeübersetzt. «Es ist der ideale Ausgleich zum Job, die Leute zum Lachenzu bringen», sagt er.
In ihrem ersten Programm «Die schärfsten Körner aus der Mühle»nehmen die Jung-Kabarettisten das schlechte Abschneiden deutscherSchüler beim Pisa-Test auf die Schippe und üben damit Kritik anGleichaltrigen. Müssen sich bei den Erwachsenen Kohl, Schröder undMerkel ihre Schwachstellen als Kanzler vorhalten lassen, sind es beider «Generation Praktikum» vor allem Pauker, arrogante Firmenchefsund nervende Eltern.
Im Blick haben die fünf Darsteller und zwei Musiker das klassischeBrettl-Theater statt Comedy. Wenn sie zwei Stunden über die Bühneflitzen, souverän wie Profis mit dem Publikum spielen, angeleitet vonder frisch ausgebildeten Jazz-Pianistin Anja Halefeldt mehrstimmigsingen, treffen sie den Nerv des Publikums. So wie bei ihrem Debütbeim größten internationalen Humor- und Satirefest, der LeipzigerLachmesse, im Oktober 2006. «Anfangs haben wir nur für uns gespieltund hätten nie gedacht, dass es so gut ankommt», sagt Ensemble-Mitglied Elisabeth Sonntag.
Vorbilder finden sie in der Stadt mit der höchsten Kabarett-DichteDeutschlands genug. Mit Heiderose Seifert und Sonya Martin haben siezwei erfahrende Trainerinnen der Szene, von denen sie auch in Tanz,Schauspiel und Gesang geschult werden. Abseits der Bühne üben siesich im Pointenschreiben. Der 17-jährige André Bautzmann arbeitet garschon an einem Solo-Programm. Sein Berufsziel: Schauspieler.
Begonnen hatte alles vor gut einem Jahr mit einer Annonce in derLokalpresse. «Der Nachwuchs bekommt von uns jede Unterstützung»,versichert Kabarett-Chef Richter. Nur mit regelmäßigen Auftrittensieht es schlecht aus. Die «Pfeffermühle» ist durch Ensemble undGastauftritte belegt, die Terminkalender der Jüngsten schwer zukoordinieren. «Dafür haben mittlerweile andere Veranstalter denEsprit unseres Nachwuchses zu schätzen gelernt. Und ab Herbst, wenndie Letzen ihr Abitur haben, geht es richtig los», sagt Sonya Martin.Auch Gastauftritte in anderen Städten seien geplant.
Geht Richters Plan auf, lohnt sich die Investition für sein Haus.«Das ist unsere Chance, Talente zu entdecken und auch jüngeresPublikum in den Saal zu bekommen», sagt er. Der Nachwuchs - immernoch auf der Suche nach einem pfiffig-pfeffrigen Namen - trainiertderweil für sein zweites Programm.