1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Kabarett: Kabarett: Hanns Dieter Hüsch starb im Alter von 80 Jahren

Kabarett Kabarett: Hanns Dieter Hüsch starb im Alter von 80 Jahren

06.12.2005, 11:28
Der Kabarettist Hanns Dieter Hüsch schwenkt am 27. September 1999 vor dem Pantheon-Theater in Bonn seinen Hut. Hüsch starb in der Nacht zum 6. Dezember 2005) im Alter von 80 Jahren. (Foto: dpa)
Der Kabarettist Hanns Dieter Hüsch schwenkt am 27. September 1999 vor dem Pantheon-Theater in Bonn seinen Hut. Hüsch starb in der Nacht zum 6. Dezember 2005) im Alter von 80 Jahren. (Foto: dpa) dpa

Mainz/dpa. - Nach einem Schlaganfall Ende 2000 hatteer im Bergischen Land sehr zurückgezogen gelebt. Kollegen undPolitiker zollten Hüsch großen Respekt. Seine Geburtsstadt Moers amNiederrhein bereitet nach Angaben einer Sprecherin ein«Ehrenbegräbnis für den Ehrenbürger» vor, will aber noch dieZustimmung der Familie abwarten.

Hüsch («Tach zusammen») galt als einer der produktivsten undwichtigsten Vertreter des literarischen Kabaretts in Deutschland. Dersensible Menschenbeobachter begeisterte sein Publikum mehr als fünfJahrzehnte lang mit seinen mehr als 70 Solo-Programmen, bei denen ersich selbst an der Orgel begleitete. Als Vertreter der eher leisenTöne kultivierte er vor allem das hintersinnige Wortspiel. Aber auchmit Szenen und Anekdoten aus seiner niederrheinischen Heimat brachteHüsch sein Publikum zum Lachen.

Ehe er 1998 an Lungenkrebs erkrankte, bewältigte derkabarettistische Einzelgänger rund 200 Vorstellungen pro Jahr.Daneben schrieb er Hörspiele und ein Theaterstück und lieh den ZDF-Reihen «Väter der Klamotte» und «Dick und Doof» in den 70er Jahrenseine Synchronstimme. Geschwächt von einer langen Chemotherapie undseinem Schlaganfall, verabschiedete er sich im Oktober 2001 von derKabarettbühne.

Als einen «Moralisten reinster Prägung» bezeichnete derKabarettist Dieter Hildebrandt seinen Kollegen. Hüsch habe einenahezu geniale Begabung gehabt, sagte Hildebrandt im WDR-Rundfunk.Über den Stil Hüschs sagte er: «Es war Hüsch-Kabarett, etwas ganzeigenes.» Bruno Jonas nannte Hüsch einen seiner größten Kollegen:«Wir sind alle sehr traurig. Der Mann an der Orgel ist tot. Mitseinen sehr einfachen Akkorden konnte er sehr unterhaltsam großephilosophische Weltgebäude bauen.»

Der Mitbegründer der Münchner Lach- und Schießgesellschaft, HansJürgen Diedrich, sagte: «Er war kein Kabarettist, er war mehr einskurriler Philosoph. Er war ein sehr gebildeter Mensch, seineAuftritte waren sehr fein, sehr gut überlegt.» Der Chef destraditionsreichen Düsseldorfer Kabaretts Kom(m)ödchen, Kay S.Lorentz, nannte es beeindruckend, wie Hüsch «jenseits eines schnellenErfolges als Person mit großer Integrität» sein künstlerisches Zielverfolgt habe.

Dieter Nuhr, Kabarettist und Wegbegleiter Hüschs, würdigte seinengestorbenen Kollegen als einen frei denkenden Menschen, der ihn inden 90er Jahren überhaupt erst dazu gebracht habe, selbstaufzutreten. Im Deutschlandradio Kultur sagte Nuhr: «Er hat zurlinken Bewegung irgendwie dazu gehört, aber irgendwie auch nicht,weil er nicht jeden Unsinn, der da verzapft wurde, gleichmitgesprochen hat.»

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) ehrte den Kabarettistenals einen «philosophischen Schelm». «Das schwarze Schaf vomNiederrhein (...) war eigentlich ein "bunter Hund", bekannt in ganzDeutschland und darüber hinaus», sagte Lammert. ZDF-Intendant MarkusSchächter nannte Hüsch einen «ungewöhnlichen und enorm vielseitigenKabarettisten». WDR-Intendant Fritz Pleitgen bezeichnete Hüsch als«unbeirrbaren Humanisten». Der WDR plant anlässlich des Todes vonHüsch mehrere Sondersendungen in Hörfunk und Fernsehen.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) beklagte den Tod Hüschsals einen «schmerzlichen Verlust» für die «große Kleinkunst» inDeutschland». Mit Hanns Dieter Hüsch habe Deutschland einen Mahnerverloren, der alle immer wieder daran erinnert habe, das Menschlichenicht aus dem Blick zu verlieren, sagte der Ratsvorsitzende derEvangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber.

Seine Karriere startete Hüsch Ende der 40er Jahre, nachdem erMedizin, Theaterwissenschaften und Literaturgeschichte in Gießen undMainz - allerdings nie zu Ende - studiert hatte. Bereits währendseines Studiums schrieb «der ewige Brettl-Student», wie er sichselbst einmal nannte, Gedichte und Chansons, sang bei einer Musikbandund trat mit einem Universitätskabarett auf. 1956 gründete er ineinem Mainzer Keller das Kabarettensemble «arche nova», das er bis1962 leitete.

Hüschs Inspiration war die Provinz, aus der er stammte. Der 1925als Sohn eines preußischen Beamten in Moers geborene Hüsch nanntesich selbst «das schwarze Schaf vom Niederrhein». Denniederrheinischen Kleinbürgermief beschrieb er mit einemAugenzwinkern und sprachlicher Prägnanz, zog aber nie über ihn her.Immer wieder wandte er sich auch gegen Rechtsradikalismus und Kriege.

Trotz großer Fangemeinde fühlte sich Hüsch nie als Star und bliebdem Tingeln durch die Provinz immer treu. Er wurde mit mehrerenAuszeichnungen bedacht, darunter zwei Mal mit dem DeutschenKleinkunstpreis, der Carl-Zuckmayer-Medaille sowie dem NRW-Staatspreis.