Jubiläum Jubiläum: Bernd Göbel ist ein Virtuose der figürlichen Plastik
Halle (Saale)/MZ. - Der Arnstädter "Junge Bach", hat Bernd Göbel einem dortigen Journalisten anvertraut, gehöre zu jenen seiner Arbeiten, "die Bestand haben". In dieser Äußerung dürfte der hallesche Bildhauer, Grafiker, Medailleur und emeritierte Hochschullehrer, der heute 70 Jahre alt wird, Recht behalten.
Fasst doch die 1982-1984 für den Marktplatz entstandene Figur viele der Eigenschaften zusammen, die Göbels Werk auch an Beispielen wie der Dessauer Brecht-Weill-Gruppe (1981 / 1997) hervorheben: die technische Virtuosität im Bronzeguss, das sichere Gespür für die Entfaltung figürlicher Plastik, und nicht zuletzt die unerschrockene Bereitschaft zum Brechen mit den Konventionen von Denkmalskunst.
Dass er für die lässig hingestreckte, beinahe lümmelhafte Gestalt mit weit offenem Hemdkragen auch Empörung erntete, konnte ihn so wenig beirren wie schon 1976 der Unmut über das "Große Paar" am halleschen "Boulevard" und 1997 der heftige Streit um die Kardinalsfigur in seinem Beitrag zur halleschen Stadtgeschichte, der als "Göbel-Brunnen" zur populären Essenz seines gesamten Schaffens avanciert ist.
Derlei Einwänden war gemeinsam, dass sie mehr Inhalts- als Formfragen thematisierten. Eine Diskussion um das, was "Bestand" hat in Göbels Schaffen im Sinne von Höhen und Tiefen, Durchbrüchen und Abwegen in seiner selbstgewählten Beharrung auf dem klassischen Kanon der figürlichen Bildhauerei ist längst zur Angelegenheit unterschiedsloser Laudatoren geworden.
So beansprucht der Katalog zur Werkschau im Kunstforum der Saalesparkasse "zeitlose Gültigkeit" für Göbels Rückgriff auf die Traditionslinie von Antike und Klassizismus und bescheinigt seinem Werk "Immunität gegenüber politischen Systemen."
Am Wernigeröder Faschismus-Mahnmal (1971) zeigt sich, dass seinem frühen Werk appellatorische Rhetorik durchaus geläufig ist. Bei den Dessauer Tänzern, die eine Nackte auf Händen tragen ("Der Frieden bewahrt das Leben, 1977), kippt sie in unfreiwillige Komik. Als sich in öffentlicher DDR-Kunst die von Peter Guth für die späten 70er Jahre konstatierte "Flucht aus politischer Verkündigung" durchsetzt, befördert das Göbels Hang zur Karikatur.
Angelehnt an Willi Sittes Bildpersonal, stellt er das bildhauerische Arsenal an Kontrapost, Drehung, Balance und Gestik an schmerbäuchigen Alten, fleischigen Frauen und humorigen Nebenfiguren zur Schau. Allegorische Bedeutsamkeit wächst sich in seinen Brunnen zu skurrilen Formen aus, neuerdings auch zu befremdlich zoomorpher Kleinplastik.
Von "Bestand" im jüngeren Werk mag man beim Gang durch die Schau im halleschen Kunstforum am ehesten bei der "Ikarus"-Serie reden. In einem geradezu religiösen Exerzitium testet Göbel an der zerschmetterten, gebrochenen Figur wieder und wieder die Brauchbarkeit des plastischen Vokabulars für eine am Ende vielleicht wirklich zeitlose Aussage.
Bernd Göbel im Kunstforum Halle, Bernburger Straße 8, bis 11. Nov., Di,Mi,Fr 14-17, Do 14-19, Sa, So 11-17 Uhr. Kataloge "Plastiken", "Medaillen", je 24,95 Euro.