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Jubel im Anhaltischen Theater Jubel im Anhaltischen Theater: Musical "Sugar - Manche mögen's heiß" erntet in Dessau Begeisterung

Von Andreas Montag 02.11.2015, 20:02
Eine starke Ensemble-Leistung hat den Erfolg erst möglich gemacht.
Eine starke Ensemble-Leistung hat den Erfolg erst möglich gemacht. Claudia Heysel Lizenz

Dessau/Roßlau - Der anhaltende, begeisterte Beifall am Ende sagt alles  - oder doch fast. Wenn es denn ein Fremdeln des Publikums mit dem neuen „General“ des Anhaltischen Theaters gegeben haben sollte, nach der Premiere des Musicals „Sugar - Manche mögen’s heiß“ von Jule Styne, Peter Stone und Bob Merrill am Freitag sind die Dessauer von Johannes Weigand begeistert. Den Jubel hat sich der aus Wuppertal gekommene Nachfolger von André Bücker aber auch mehr als verdient. Und das Ensemble, einschließlich der Anhaltischen Philharmonie, des Opernchores, des Balletts und der Statisterie, hat einen großen Anteil an diesem Erfolg, der Selbstbewusstsein verleihen dürfte und auf dem sich aufbauen lassen wird.

Nun mögen Mäkler sagen, mit einem Musical bekäme man die Leute immer. Das ist nicht unwahr, jedenfalls dem Grundsatz nach. Im vorliegenden Falle aber lagen die Dinge schon ein bisschen anders: Wer sich an dieses Stück wagt, muss immerhin gegen Billy Wilder, Marilyn Monroe, Tony Curtis und Jack Lemmon antreten, deren Film „Manche mögen’s heiß“ wohl jeder Zuschauer in seinem Kopfkino abschnurren lassen kann.

Johannes Weigand kann von sich überzeugen

Man hat Johannes Weigand die Steine förmlich vom Herzen purzeln sehen - beim Schlussapplaus schon, und dann auch zur Premierenfeier im Theaterrestaurant. Seine Lage war ja nicht eben beneidenswert gewesen, als er nach Dessau kam. Da hatte man seitens der Politik einen erfolgreichen, beliebten Intendanten quasi hinauskomplimentiert. Eine Verlängerung seines Vertrages sei wenig chancenreich, war ihm signalisiert worden, also verzichtete er auf eine neuerliche Bewerbung. Der Grund für den Affront war Bückers klare Haltung gegen die vom Land beschlossenen Kürzungen im Theaterbereich, viele Dessauer hatten sich dem Protest öffentlich angeschlossen. Geändert hat das nichts.

Keine schöne Situation, an der Weigand, der Neue, freilich keine Schuld trug. Sich um eine ausgeschriebene Stelle zu bewerben, ist nicht ehrenrührig. Eine ganz andere Frage ist allerdings, wie man auf derart vermintem Gelände ein Gespräch mit den Künstlern des Hauses - und den treuen Theaterfreunden in der Stadt beginnen kann. Und welche Chance man bekommt, um den Beweis dafür anzutreten, dass man es nicht nur gut meint, sondern auch gut kann. Schließlich muss und soll es ja weitergehen in dem Hause, dessen Qualität Johannes Weigand schon bald nach seiner Ankunft in Dessau pries und auch am Freitag, nach der gelungenen Premiere, wieder gelobt hat.

Keine bescheidenen Ansprüche

Dieser Abend, leichte Muse hin oder her, ist ein Versprechen darauf, dass man sich im Anhaltischen Theater nicht auf bescheidene Ansprüche einrichten wird. Bewusst behauptet sich die Inszenierung von „Sugar“ als eigenständig, nicht als Bühnenkopie des legendären Films, auch wenn man dem Publikum ordentlich Zucker gibt. Alles andere wäre auch nicht akzeptabel gewesen.

Will man diesem Abend gercht werden, muss man vor den Darstellerinnen und Darstellern zunächst die Anhaltische Philharmonie loben. Ohne deren fabelhafte Profilierung als Bigband hätte man das ganze Unterfangen gleich vergessen können. So aber swingt das Orchester unter Leitung von Wolfgang Kluge, als hätten sich die Musiker das schon immer gewünscht.

Auch Ballett und Chor, geleitet von Tomasz Kajdanski und Sebastian Kennerknecht, kommen bestens zum Zuge, hier spürt man die Freude am Spiel ebenso wie bei jedem der anderen Akteure. Hervorragend ist das Bühnenbild von Moritz Nitsche, das geschickt mit der Illusion der fantasievollen Kulissen spielt und dabei deutlich macht: Es ist Theater, nicht Kino, das man hier sieht - auch wenn eben immer wieder vergnügt auf den Film angespielt wird.

Eine Geschichte von kleinen Leuten und großen Träumen

Die Darstellerinnen und Darsteller schließlich, schön verpackt in Judith Fischers Kostüme, haben selber den allergrößten Spaß an dem Unternehmen „Sugar“. Allen voran Annika Boos in der Titelrolle der kleinen, liebenswerten Sängerin, die auf den Mann für’s Leben hofft und bislang noch jedes Mal bei einem Saxophonisten gelandet ist, der mehr sich selbst als dem bezaubernden Mädchen etwas Gutes zu tun bereit war.

Überhaupt wird hier ja eine Geschichte von kleinen Leuten und ihren großen Träumen erzählt. Die arbeitslosen Musiker Joe und Jerry, die sich als Josephine und Daphne verkleidet in ein Damenorchester flüchten, um dem Hunger und der Rachsucht schießwütiger Ganoven aus Chicago zu entkommen, stehen als Paradebeispiele dafür.

Wie Patrick Rupar (Joe) und Patrik Cieslik (Jerry) ihre Travestie-Parts spielen, ist aller Ehren wert. Nicht weniger gut (und ebenso komisch) sind Karl Thiele als gestresster Band-Manager Bienstock und Gerald Fiedler als heiratswütiger Millionär Osgood Fielding, den auch das Bekenntnis von Daphne-Jerry, ein Mann zu sein, nicht stoppen kann: „Niemand ist vollkommen!“ Bis auf den stepptanzenden Ganovenchef (Joe Monaghan) vielleicht. Den muss man gesehen haben. Aber die anderen alle auch.

Nächste Vorstellung am 8. November um 17 Uhr, Großes Haus (mz)

Die Sängerin Sugar (Annika Boos) glaubt, in dem Saxophonisten Joe (Patrick Rupar) den ersehnten Millionär fürs Leben gefunden zu haben.
Die Sängerin Sugar (Annika Boos) glaubt, in dem Saxophonisten Joe (Patrick Rupar) den ersehnten Millionär fürs Leben gefunden zu haben.
Claudia Heysel Lizenz