Joseph Vilsmaier Joseph Vilsmaier: Ein Grantler mit Herz am rechten Fleck

München/dpa. - Joseph Vilsmaier kann getrost als einer derbayerischsten Regisseure in Deutschland bezeichnet werden. Was jungeKollegen wie Marcus H. Rosenmüller oder Hans Steinbichler in ihrenneuen Heimat-Filmen aufgreifen, hat er schon vor Jahren thematisiert:die Schönheit und die Abgründe seiner Heimat. Zuletzt brachte er mit«Die Geschichte vom Brandner Kaspar» eine Volkslegende ins Kino. Zuseinen größten Erfolgen zählt jedoch ein Film, der mit südlichenGefilden denkbar wenig zu tun hat: «Comedian Harmonists» über dasweltberühmte Vokalensemble aus Berlin wurde ein Publikumsrenner undmit vielen Preisen überhäuft. Derzeit steckt der vielseitigeRegisseur in den Dreharbeiten zu dem Berg-Drama «Nanga Parbat» - soaufwendig ist die Arbeit, dass er keine Zeit hat, seinen 70.Geburtstag am Samstag (24. Januar) in großer Runde zu genießen.
«Ich wollte mal feiern, aber das war mir dann zu stressig», sagtVilsmaier. Und in der Tat hat er sich kein leichtes Thema ausgesuchtmit der dokumentarischen Geschichte über die Nanga-Parbat-Expeditionder Bergsteiger-Brüder Reinhold und Günther Messner, die mit demdramatischen Tod Günthers endete. Gedreht wird in Bozen, München undden Dolomiten und im Frühsommer auch wieder in Pakistan, wo dieBrüder im Jahr 1970 den 8125 Meter hohen Gipfel des Nanga Parbat überdie extrem schwierige Rupalwand bezwingen wollten.
Nun will Vilsmaier, der mit der Schauspielerin Dana Vavrova dreiTöchter hat, seinen runden Geburtstag also im kleinen Kreisverbringen. Im glanzvollen Rahmen ein bisschen vorfeiern konnte erbereits wenige Tage zuvor: Beim Bayerischen Filmpreis hatte der«Brandner Kaspar» einen Sonderpreis der Jury erhalten für die beidenHauptdarsteller, den Boanlkramer Michael «Bully» Herbig und FranzXaver Kroetz als Wilderer Brandner, der den Tod mit Kirschgeistabfüllt und ihm danach beim Kartenspiel mit List und Tücke weitereLebensjahre abluchst.
Zu Beginn seiner Karriere hatte Vilsmaier mit der kreativen Seitedes Films wenig zu tun. Aufgewachsen in Niederbayern und Münchenstudierte er neun Jahre lang Musik mit Schwerpunkt Klavier. Nebenseiner Arbeit als Techniker musizierte er in einer Jazzband undwechselte 1961 in die Filmbranche - ein Geschäft, das er von der Pikeauf lernte - vom Materialassistenten über den Kameramann bis hin zumRegisseur und Produzenten.
1988 dann sein erfolgreiches Regie-Debüt mit «Herbstmilch» überdas harte Leben der niederbayerischen Bäuerin Anna Wimschneider.Einer seiner größten Erfolge - auch international - wurde dieLiteraturverfilmung «Schlafes Bruder», die 1995 sogar ins Rennen umden Oscar ging. Neben einem Händchen für Themen rund um Bayern unddie Berge wird in Vilsmaiers Werk eine zweite Vorliebe offenbar: fürgeschichtliche Themen, vor allem über die Terrorherrschaft derNationalsozialisten wie das Anti-Kriegsdrama «Stalingrad». Das mitEhefrau Dana in Szene gesetzte Drama «Der letzte Zug» beleuchtete dasSchicksal von Juden aus Berlin. Im März 2008 zeigte schließlich dasZDF seinen Zweiteiler «Die Gustloff» über den dramatischen Untergangdes Flüchtlingsschiffes mit mehr als 9000 Toten.
Doch zu seinen bayerischen Themen kehrt Vilsmaier immer wiedergerne zurück. Dass diese Filme auch außerhalb Bayerns beliebt sind,verwundert ihn nicht. «Die Menschen sind wortkarg und haben das Herzam rechten Fleck, sie sind manchmal grantig, manchmal nett, die habenalles drauf. Daran haben die Leute auch im Norden Gefallen!», sagtder Regisseur, der sich mit diesen liebenswert-eigenbrötlerischenEigenschaften auch gut selbst hätte beschreiben können.