Johannes Heesters wird 104 Johannes Heesters wird 104: «Alter schützt vor Arbeit nicht»

Berlin/dpa. - Johannes Heesters fühlt sich nach wie vor «inForm». Von Ruhestand oder gar Müdigkeit will er nichts wissen, imGegenteil. «Am 5. Dezember bin ich nun 104 Jahre alt. Ich fühle michaber nur wie 100 und ich hoffe, es kommen noch ein paar Jahre dazu,vielleicht werde ich 110 Jahre jung», meint er schmunzelnd in einemGespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Jetzt wird aber ersteinmal gefeiert, wenn der älteste aktive Schauspieler der Welt,dessen Paraderolle der Graf Danilo aus der «Lustigen Witwe» («meineLebensgefährtin») wurde, an diesem Mittwoch (5. Dezember) in sein105. Lebensjahr eintritt. Operetten-Evergreens wie «Man müssteKlavier spielen können», «Ich knüpfte manche zarte Bande» oder «Ichmöchte jede Nacht von Ihnen träumen» sind untrennbar mit der lebendenLegende Heesters verbunden.
Natürlich zieht es «Jopie» als «altes Zirkuspferd» ganz nach denungeschriebenen Gesetzen der Showbranche immer noch in die Arena(«Ich habe den ersten Applaus noch in den Ohren»), er sucht sogarnach einem neuen passenden Theaterstück. Also steht er an seinemGeburtstag wieder auf der Bühne, getreu seinem Motto «Alter schütztvor Arbeit nicht». Im Berliner Admiralspalast, der Stätte seinergroßen Operettenerfolge der Vorkriegszeit, wird an diesem Abend nichtnur ein kräftiges «Happy Birthday!» gesungen.
Dann schmettert Heesters auch sein neues Lied «Generationen» (dasauch auf CD erschienen ist) zusammen mit dem Sänger Claus Eisenmann,Gründungsmitglied der «Söhne Mannheims», in dem es heißt: «NeueHelden, neue Ziele - und der Tag kommt irgendwann». Im Dezembervergangenen Jahres stand Heesters hier zusammen mit Katja Riemann ineinem Big-Band-Swing-Programm auf der Bühne, die sein Leben ist. Beiseinen manchmal spätabendlichen Auftritten pflegt Heesters mit demPublikum nach dem sechsten Lied zu scherzen: «Soll ich noch mehrsingen? Aber Sie müssen ja langsam ins Bett!» Vor dem benachbartenFriedrichstadtpalast verewigte sich Heesters letztes Jahr mit seinemHändeabdruck und dem stolzen Ausruf «Ich bin noch da!» im «Walk ofFame» (Ruhmesweg) nach dem Vorbild Hollywoods.
Heesters trainiert noch immer zweimal in der Woche im Fitness-Center. «Das ist wunderbar, danach fühle ich mich wieder richtigfrisch.» Denn er weiß auch, «wenn man sich gehen lässt, wird manalt». Das körperliche Training ist auch für die Stimme gut. DieZigaretten sind weniger geworden: «Ach ja, ein oder zwei am Tagrauche ich noch.» Von einem öffentlichen Rauchverbot hält der alteHerr aber wenig. Die manchmal zu hörende Kritik daran, dass Heestersin seinem Alter noch immer auf die Bühne geht, kontert seine FrauSimone Rethel-Heesters (58) bei Sandra Maischberger kurz vor dem 104.Geburtstag ihres Mannes mit den Worten: «Mein Mann kann nicht mehrgut sehen, das ist alles, aber ich wünsche jedem, dass er so alternkann wie Jopie. Dass er immer noch auf die Bühne gehen kann, dasbedeutet für ihn in Würde altern, nicht abschieben ins Altersheim.»Und dass ihn Simone immer auf die Bühne begleitet, «ist doch nur,weil ich nichts mehr sehen kann».
Anfang des nächsten Jahres geht ein Herzenswunsch desholländischen Kaufmannssohn Johan Marius Nicolaas Heesters inErfüllung, wenn er in seiner Vaterstadt Amersfoort ein Konzert gebenwird, erstmals seit Jahrzehnten wieder. «Ich bin sehr froh nach allden Jahren wieder in meiner Heimat zu sein.» Schon 2006 bekannteHeesters: «Ich möchte, dass mein Heimatland Holland endlich mit mirFrieden schließt.»
Viele Holländer verübelten Heesters seinen Starruhm ausgerechnetim Hitler-Deutschland, das seine Heimat überfallen hatte, als einerder populärsten Schauspieler in den deutschen «Ablenkungsfilmen» inNazi-Deutschland. Sogar ein Propaganda-Besuch im KZ Dachau steht inHeesters Vita, den eine Ausstellung der Berliner Akademie der Künste,die sein Archiv übernommen hat, im letzten Jahr dokumentierte. Dabeiverkörperte Heesters als eher «dekadenter Dandy» alles andere als dastypische Männlichkeitsideal der Nazis.
In Deutschland hat der am 5. Dezember 1903 in Amersfoort geboreneHeesters Generationen von weiblichen Verehrern als singender Charmeuralter Schule und lebensfroher Gigolo mit Frack, weißem Seidenschal,Nelke im Knopfloch und dem Champagnerglas in der Hand ins PariserMaxim locken wollen. Ein Millionenpublikum lag dem fast unverschämtgut aussehenden «Backfischidol», wie das damals hieß, seit seinenersten Auftritten 1934 in Wien und ein Jahr später in Berlin zuFüßen.
«Ich habe mein Leben gelebt und habe mich stets bemüht, den Weggerade zu gehen», heißt es in einem Heesters-Lied der späten Jahre.Heesters will den Weg noch ein Weilchen weitergehen. Wenn er dann zuEnde ist, kommt nichts mehr, an eine Wiederauferstehung glaubt derKatholik nicht, wie er bei Maischberger bekannte. «Mein Gott, wassoll denn noch passieren! Es muss vorbei sein - darum heißt es Tod.»Aber noch schwärmt ihm sein Hausarzt von seinen «wunderbaren Werten»vor, er habe ein «Superherz». Erst «wenn man sich gehen lässt, wirdman alt», meint Heesters und resümiert leise: «Manchmal denkt manschon, na, man hat doch was erreicht im Leben.»