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Johann Sebastian Bach Johann Sebastian Bach: «Wo Gott der Herr nicht bei uns hält»

Von Susann Huster 15.04.2008, 12:10
Ein Musikwissenschaftler zeigt auf die Abschrift des ehemaligen Thomaskantors Wilhelm Rust (1822-1892), die eine wiederentdeckte Orgelkomposition von Johann Sebastian Bach (1685-1750) zeigt. (Foto: dpa)
Ein Musikwissenschaftler zeigt auf die Abschrift des ehemaligen Thomaskantors Wilhelm Rust (1822-1892), die eine wiederentdeckte Orgelkomposition von Johann Sebastian Bach (1685-1750) zeigt. (Foto: dpa) ddp

Halle/ddp. - In dem Nachlass entdeckten sie eine bisher unbekannte Orgelkomposition von Johann Sebastian Bach (1685 - 1750). Das am Dienstag in Halle erstmals der Öffentlichkeit präsentierte Werk «Wo Gott der Herr nicht bei uns hält» ist einer von zwei sehr ähnlichen Orgelchorälen Bachs. Seine Quelle war bisher nicht nachgewiesen, nur die ersten fünf Takte des Stückes bekannt.

Der Zufallsfund aus Bachs Frühwerk zwischen 1705 und 1710 ist eine Abschrift Rusts und gilt unter Fachleuten als absolute Rarität. «Das ist wirklich ein großer Glücksfall, da die Musik Bachs extrem gut erforscht ist», frohlockte Wolfgang Hirschmann vom Institut für Musik der Martin-Luther-Universität. Die Entdeckung bereichere das Wissenum das Frühwerk des berühmten Musikers und schenke der Musikwelt einegroßartige Komposition in der für Bach seltenen Gattung derOrgelmusik. Die Authentizität dieser Choralfantasie größeren Ausmaßessei von Experten bestätigt worden, berichtete derMusikwissenschaftler voller Stolz. Die Parallelen zum BachschenSchwesterwerk, der zweiten Choralfantasie, seien frappierend. Zudemhabe sich der einstige Leipziger Thomaskantor Wilhelm Rust alsHerausgeber Bachscher Werke einen Namen gemacht.

Im Bach-Werke-Verzeichnis wurde das Stück bisher unter der Nummer«Anhang II 71» geführt. Doch keiner wusste bis vor kurzem so genau,ob es tatsächlich existiert. Da diese Frage nun geklärt ist, bekamdie Bachsche Fantasie nun eine neue Nummer in dem Verzeichnis - die1128.

Einer der Entdecker des aufsehenerregenden Fundes ist derMusikwissenschaftler Stephan Blaut. Gemeinsam mit seinen KollegenMichael Pacholke und Kathrin Eberl-Ruf hatte er vor etwa drei Monatenden Kauf von Rusts Teilnachlass angeregt, weil er darin interessantesForschungsmaterial zur regionalen Musikgeschichte vermutete. Bei derDurchsicht der Papiere sei er dann auf die Abschrift des BachschenStückes gestoßen, das er nicht kannte und daraufhin mit seinenKollegen recherchiert habe. «Dass dieser tolle Fund dabei war, istnicht absehbar gewesen», sagte Eberl-Ruf.

Neuer Eigentümer des unschätzbaren musikalischen Schatzes ist nundie Universitäts- und Landesbibliothek Halle, die das glücklicheHändchen bewiesen und den Teilnachlass ersteigert hat. Ihr DirektorHeiner Schnelling konnte sein Glück am Dienstag kaum fassen. «Wennbekannt gewesen wäre, was der Nachlass enthält, hätte man sicherlichnoch eine Null an die Summe anhängen müssen, vielleicht auch zwei»,sagte er. Zur Präsentation achtete der Chef des Hauses genau darauf,dass die kostbaren, vergilbten Seiten mit den Noten nur mit weißenHandschuhen angefasst und nicht mit Blitzlicht fotografiert werden.«Das Original bleibt immer unter Verschluss. Es wird unter gutenBedingungen in unserem Safe zuverlässig weggeschlossen», versicherteer überglücklich.