Berühmt als Dichter des Friedens Jewgeni Jewtuschenko ist gestorben - Berühmt als Dichter des Friedens

Halle (Saale) - Dieses Gedicht aus dem Jahr 1961 hat ihn berühmt gemacht: „Meinst Du, die Russen wollen Krieg?“ Darin heißt es unter anderem: „Der Kampf hat uns nicht schwach gesehn, / doch nie mehr möge es geschehn, / dass Menschenblut, so rot und heiß, / der bitt’ren Erde werd’ zum Preis.“
Geschrieben in der Hochzeit des Kalten Krieges zwischen den aufgerüsteten Machtblöcken des Westens und des Ostens, hat der russische Dichter Jewgeni Jewtuschenko mit seinen Versen einen Nerv getroffen - und sie wirken bis heute nach. Oft wird das Gedicht zitiert - inzwischen auch von Menschen, die den Namen des Urhebers gar nicht mehr kennen. So hat sich die Botschaft von dem, der sie sandte, entfernt und ist Gemeineigentum der Friedliebenden geworden.
Nun ist Jewtuschenko im Alter von 84 Jahren gestorben - in Tulsa im US-Bundesstaat Oklahoma, seiner Wahlheimat seit einem Vierteljahrhundert. Anderen Angaben zufolge kam er erst ein Jahr später, 1933, zur Welt - dies hat mit dem Geheimnis seiner Herkunft zu tun.
Jewtuschenkos Vater, Alexander Rudolfowitsch Gangnus, gleichfalls ein Dichter, ist deutscher Abstammung gewesen, was zu jener Zeit, als der kleine Jewgeni in einem fernen Ort in Sibirien geboren wurde und heranwuchs, keine Garantie für eine sichere Zukunft bedeutete. Deshalb wurde dem Knaben auch der Geburtsname seiner Mutter gegeben und damit sein Herkommen verschleiert.
Jewtuschenko ist beizeiten ein Unruhestifter gewesen, er wurde ohne Abschluss von der Schule verwiesen und schlug sich unter anderem mit Arbeit in einem Kolchos, einer landwirtschaftlichen Genossenschaft, durch. Später, nachdem er als junger Dichter aufgefallen und zum Studium am Moskauer Gorki-Literaturinstitut zugelassen worden war, wiederholte sich die Geschichte: Wegen politischer Aufmüpfigkeit „flog“ Jewtuschenko ohne Zeugnis hinaus, erst 2001 hat man es ihm nachgereicht.
Die Weltgeltung des Lyrikers und Romanciers rührt nicht zuletzt daher, dass er als Sänger des „Tauwetters“ galt, das nach dem Tod des Diktators Stalin im Jahr 1953 allmählich einsetzte, auch wenn er nie völlig mit dem Sowjetsystem brach. Und ein weiteres frühes Gedicht ist es, das ihm bleibende Anerkennung eingetragen hat: „Babi Jar“. Darin geht es um den Massenmord an 33 000 jüdischen Frauen, Kindern und Männern, den die Deutschen mit Unterstützung der Wehrmacht 1941 in der Schlucht von Babi Jar nahe der ukrainischen Hauptstadt Kiew verübt hatten.
Die Solidarität mit Juden aber war in der poststalinistischen Gesellschaft der Sowjetunion alles andere als selbstverständlich, dort war Antisemitismus längst wieder üblich und mindestens geduldet. Dies zum Thema gemacht zu haben, wird Jewtuschenko dauerhaft hoch anzurechnen sein.
(mz)