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«Inselschreiber» «Inselschreiber»: Künstler lieben Sylt

Von Carola Große-Wilde 30.07.2004, 12:40

Westerland/dpa. - «An diesem erschütternden Meere habe ich tief gelebt», schrieb Thomas Mann seiner Ferienwirtin, der Schauspielerin Clara Tiedemann, 1928 ins Gästebuch ihres Hauses «Kliffende» auf Sylt.

Der norddeutsche Maler Emil Nolde (1867-1956) liebte die Weite und die Farben der Insel. Und der Schriftsteller Ernst von Salomon befand: «Es schien, als bestehe ihre Wirkung darin, die vorhandene Gemütsart zum Extremen zu steigern.» Zahlreiche Künstler - Schriftsteller, Maler und Musiker - haben sich von der herben Schönheit und dem Reizklima von Deutschlands nördlichster Insel inspirieren lassen - gestern wie heute.

Wie in den bewegten 20er Jahren weilen heute gleich drei Schriftstellerinnen auf der Insel: Die Leipzigerin Juli Zeh, die mit ihrem Debüt-Roman «Adler und Engel» für Furore sorgte, die schottische Bestseller-Autorin A.L. Kennedy («Ein makelloser Mann») und die Berlinerin Felicitas Hoppe («Verbrecher und Versager»). Sie alle sind Stipendiaten der «Sylt-Quelle», Juli Zeh kann sich auch noch mit dem Titel «Inselschreiberin» schmücken. Seit einigen Jahren lädt das Unternehmerpaar Indra und Joachim Wussow Künstler in den eher ruhigen Ort Rantum, wo sie in eigens eingerichteten Räumen leben und arbeiten können.

Die 30-jährige Juli Zeh hat gleich ihren Freund David, ihre Hunde Olga und Othello und Katze Tiger mitgebracht. Den vierwöchigen Aufenthalt auf der Insel will die Autorin nutzen, um an den letzten Korrekturen ihres neuen Romans «Spieltrieb» zu arbeiten. «Der Kopf wird hier so weit wie der Himmel», beschreibt die Schriftstellerin ihre Eindrücke. Hier habe sie endlich Zeit, sich zurückzuziehen. «Das passt mir fantastisch in den Kram.» Zum Ausgleich geht sie mit ihren Hunden spazieren oder joggt um das Rantum-Becken. «Die Ruhe hier ist herrlich, hier vereinfacht sich das Leben schlagartig.»

Auch die schottische Autorin A.L. Kennedy genießt es, «in der Nähe des Meeres zu leben». Sie will ihre Eindrücke sogar in einer kleinen Geschichte über Sylt verarbeiten. Ganz anders die Berlinerin Felicitas Hoppe, die Inspiration für einen Mythos hält. «Ich gehe nicht an den Strand und warte auf eine Eingebung», meint sie nüchtern. Es gebe Zeiten, in denen sie schreibe und Zeiten, in denen sie nicht schreibe. «Das sind die besten Zeiten.» Im Moment spiele sie mit dem Gedanken, das Genre zu wechseln. «Ich würde gerne mal eine Oper schreiben», meint die Autorin, die im Frühjahr ihr letztes Buch veröffentlichte.

«Angefangen hat alles mit der Galerie», erläutert Indra Wussow ihr Engagement. «Wir möchten gerne Künstler aus allen Sparten zusammenbringen, damit sie sich hier austauschen können», sagt die Literaturwissenschaftlerin. In ihrem Mineralwasser-Abfüllwerk, das sie seit fünf Jahren mit ihrem Mann leitet, gibt es mittlerweile auch Theaterinszenierungen - neben dem «Meerkabarett», das sie vor einem Jahr übernommen haben.

www.kunstraum-syltquelle.de