Ingrid Michaelson: Ende einer Liebe
Berlin/dpa. - Berlin Lange galt sie vor allem als Internet-Phänomen. Entdeckt wurde die Amerikanerin Ingrid Michaelson («The Way I Am», «Keep Breathing») über die Plattform MySpace. Bekanntwurde die Sängerin und Songschreiberin dadurch, dass ihre Stücke in der Fernsehserie «Grey's Anatomy» (ProSieben) liefen.
Auch in Werbespots, etwa für Pullover, waren die poppigen Songs der New Yorkerin zu hören. Michaelson ist in den USA unabhängig von den großen Plattenfirmen und hat ihr eigenes Label, auf dem sie auch ihr neues Album «Everybody» veröffentlicht hat.
Zunächst habe kaum einer von ihrer Musik gesprochen, klagt Michaelson im Interview der Deutschen Presse-Agentur dpa. «Alle haben sich auf meine Story konzentriert. Niemand nahm sich Zeit, die Songs zu kritisieren.» Es sei auch «eine wirklich interessante Geschichte, dass ich bei MySpace entdeckt wurde». Man könne ihren Erfolg aber nicht einfach wiederholen. «Man fragt mich ständig, was ich Künstlern rate. Die Welt ist heute aber eine andere als vor zwei Jahren, als ich anfing. Mein einziger Tipp: Die eigene Musik an so viele Orte wie möglich zu bekommen.»
Wie es war, zum ersten Mal einen ihrer Songs bei «Grey's Anatomy» zu hören, das wird die 29-Jährige wohl nie vergessen. «Als die Folge losging, war ich so nervös, dass ich nichts mehr essen konnte und einen riesigen Ausschlag am Kinn bekam. Als dann das Lied lief, stand ich schreiend vor dem Fernseher: Das ist mein Song, das ist mein Song!»
Auf ihrer aktuellen Platte präsentiert Michaelson hübschen Indie-Pop der eingängigen Art. Sie selbst spricht von «Pop-Folk». Das neue Album sei melancholischer und im Gegensatz zum vorherigen («Girls And Boys») wirklich ein Teil von ihr. Sie habe den Anspruch, «die Seele der Leute» zu berühren. Es geht vor allem um ein Thema: Sie sei zwar keine Expertin in Liebesdingen, «aber ich weiß recht viel und habe einiges durchgemacht». Das neue Werk sei ein «Konzeptalbum über das Zusammenbrechen einer Liebe».
Gern erinnert sich die in eine Künstlerfamilie geborene New Yorkerin an ihre ersten Auftritte in Deutschland im Vorprogramm von Jason Mraz. «Ich dachte, die würden nicht zuhören und nicht verstehen, was ich singe, und dann hatte ich die schönste Zeit. In den USA kommen die Leute nicht zur Vorband. Hier haben sie nach dem Konzert sogar meine CDs gekauft. Ich konnte es nicht glauben.» Es gebe aber noch einen Unterschied: «Es ist erfrischend, dass Fans hier sich nicht so viel Gedanken darüber machen, ob die Musik von einer Frau oder einem Mann ist.»
Anfangs war die Rede davon, Michaelson kultiviere einen «Bibliothekarinnen-Chic». Sie selbst soll von diesem «librarian chic» gesprochen haben. Was wohl auch an einem im Pop eher ungewöhnlichen Accessoire lag: Michaelson ließ sich meist mit Brille ablichten, etwa für den Titel des renommierten Musikmagazins «Billboard». Eine Masche sei das aber nicht gewesen: «Ich hasse Kontaktlinsen, also brauche ich die Brille.» Mittlerweile zeigt sie sich aber häufiger ohne, auf dem Cover zur neuen CD fehlt die Brille.
Auch auf ihren Namen wird die Künstlerin mit den rotbraunen Haaren oft angesprochen. Der stammt aus Schweden, ihre Großeltern kamen als Teenager nach New York. «Ich kann aber kaum ein Wort Schwedisch, nur ein Gute-Nacht-Gebet.»
Ein Grund für Michaelsons Erfolg ist sicher ihre unprätentiöse Art. So erklärt sie, sie gehe nach Konzerten oft direkt ins Bett. «Ich bin nicht der Party-Typ, lese lieber oder gehe ins Internet.» Dort schreibe sie ständig in Blogs oder bei Twitter. «Ich habe eine gute Internetbeziehung zu meinen Fans.» Michaelsons Hang zu den neuen Medien allerdings kennt seine Grenzen: «Ich hoffe schon, dass die Leute auch meine CDs kaufen.»
(dpa)