"Ich bin ein Star - lasst mich wieder rein" "Ich bin ein Star - lasst mich wieder rein": Steriles Studio-Dschungelcamp startet auf RTL

Das Wintercamp
Seit Menschengedenken ist das „Dschungelcamp“ als Wiederaufbereitungsanlage bekannt. Da möchte auf einer australischen Grünfläche zum Star werden, wer irgendwann einmal in der Öffentlichkeit aufgefallen ist. Natürlich sollte jeder Teilnehmer wissen, dass nichts unwahrscheinlicher ist als die Starwerdung zwischen Känguru-Hoden und Käfer-Alarm. Aber – auszuschließen ist es nicht, dass mancher meint, neben dem Antritts-Honorar auch noch einen Haufen Ruhm mitnehmen zu können. Für das Publikum geht es bei diesem Angebot hingegen darum, möglichst schnell das Fremdschämen angesichts der Peinlichkeiten zu überwinden, um dann umso entspannter dem frei gewählten Irrsinn zuzuschauen.
Das Sommercamp
Nun also wird dieses bekennende Trash-Programm sommerlich recycelt: „Ich bin ein Star – lasst mich wieder rein“. Noch einmal werden Highlights aus alten Staffeln eingespielt, noch einmal werden ausgewählte Kandidaten aufeinandergehetzt. Dass diese Sommer-Serie allerdings nicht annähernd den Das-darf-doch-nicht-wahr-sein-Grad des Originals erreicht, deuten schon die Einschaltquoten an – die liegen bei rund zwei Millionen Zuschauern. So ein Kölner Studio ist eben viel steriler als der Regenwald; und Zeit für Psychokrisen, die über Tage blühen, gibt es nicht. Tag für Tag treten neue Kandidaten-Trios an. So durften nun Ingrid van Bergen, Peter Bond und Christina „Mausi“ Lugner – Staffeljahrgang 2009 – um den Einzug ins Finale streiten. Wer dann dieses Finale gewinnt, erhält eine „Wild Card“ für das „echte“ Dschungelcamp mit Regen und Reis.
Die Demütigung
Ob es Ingrid van Bergen (84) sein wird? Unwahrscheinlich angesichts der Zicken-Qualitäten ihrer Mitbewerber, die im Laufe dieser Woche einvernommen werden. Immerhin aber stand gleichsam von vornherein fest, dass sie diese Vorrunde siegreich überstehen würde. Wobei es völlig egal ist, wer was übersteht. Es kommt ja nur darauf an, mit Sprüchen oder Fehlleistungen eine Sendung lang auf sich aufmerksam zu machen. Und sich von den Moderatoren nach allen Regeln der Häme durch den Kakao ziehen zu lassen. Dann hat man seine Schuldigkeit getan. Vermutlich steht in den Verträgen sogar drin, sich nicht zu Attacken auf Sonja Zietlow und Daniel Hartwich hinreißen zu lassen. Denn anders ist kaum zu erklären, mit welcher Zurückhaltung die Kandidaten die Sticheleien ertragen. Ja, das Honorar muss wirklich gut sein.
Die Sprüche
Was diesmal die Sprüche angeht, war van Bergen nicht zu toppen. Wobei – eigentlich hat sie nur kein Blatt vor den Mund genommen. „Ich glaub’“, sagte sie über Peter Bond, der mal am „Glücksrad“ gedreht hat, „der hat noch nie mit einer Frau zusammengelebt – wenn ja, wäre er tot.“ Überhaupt bekam es der durchaus nicht uneitle Mann mehrfach heftig ab: Sein dauerlächelnder Mund verwandelte sich zuweilen in eine Art Stacheldraht. „Es ist gut, so einen persönlichen Makel zu haben“, sagte van Bergen über diesen Bond – und fügte an: „der Depp“.
Die Eigenwerbung
Bond selbst nutzte die Sendung, um gleich bei der Begrüßung und dann noch einmal zum Abschied für seinen Theaterauftritt irgendwo an der Ostsee zu werben. Das war so schrill, als wäre es ihm ins Drehbuch geschrieben worden. Aber was die Schauspielkunst angeht, kennt er sich aus. Über „Mausi“ sagte er: „Schlechte Schauspielerin, abartig.“
Die Witze
Arme Mausi. Erst setzt man ihr psychologisch zu: „Das kann man mit meinen Nerven nicht machen!“ Dann verrechnet sie sich massiv beim Ratten-Zählen und kann schließlich wieder nicht mit einem Witz punkten. Darin geht es um einen Truthahn, der irgendetwas mit Wladimir Putin zu tun haben muss, vielleicht auch mit dem Wiener Dialekt. Das Schöne: Den Witz hatte das Publikum schon in der Staffel vor sechs Jahren nicht verstanden. Und da Mausi nicht erneut ins Camp einziehen wird, muss die Menschheit wohl ohne Aufklärung weiterleben.
Die Pannen
Dass bei dieser Folge manches schieflief – geschenkt. Was spielt es schon für eine Rolle, dass Dr. Bob von der falschen Seite angelaufen kommt, so dass die Kamera ihn verpasst; dass die Auflösung von Rätselfragen vorzeitig zu hören ist; und dass die Schleimdusche bei Mausi Lugner einmal verstopft ist. Egal. Dass etwas schiefläuft, gehört doch zum Prinzip der Sendung. Neu ist allerdings, dass nicht nur die Kandidaten dazu beitragen. Solche Produktions-Pannen wären in Australien kaum passiert. Der Dschungel ist eben doch etwas aufgeräumter als das Kölner Studio. Und der Trash trashiger.
