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Herrenhaus Ermlitz Herrenhaus Ermlitz: Ein Schloss für Wagnerfreunde nahe Schkeuditz

Von Günter Kowa 01.07.2005, 16:43

Halle/MZ. - Magische Kugeln

Der junge Amtsschreiber Wilhelm begehrt die Jägerstochter Käthchen. Um ihretwillen muss er Jäger werden und eine waidmännische Probe bestehen. Da schließt er einen Pakt mit dem Teufel. "Im Zauberkreis von Schädeln und Totenbeinen" gießt er an einem Kreuzweg magische, immer treffsichere "Freikugeln". Im schaurigen Finale treffen die aber nicht die Taube, sondern Wilhelms Täubchen.

Ihre Moritat veröffentlichten Apel und Laun in dem Buch "Gespenstergeschichten". Längst wäre dieses Werk vergessen, hätte Carl Maria von Weber den Stoff nicht elf Jahre später im "Freischütz" glanzvoll aufpoliert. So aber nimmt die erste deutsche "Volksoper" ihren Ausgang von Ermlitz, zumal August Apel auch noch mit Friedrich Kind, dem Librettisten des "Freischütz", befreundet war. Und der Komponist war bereits 1812 bei Apel zu Besuch und spielte am Hammerklavier eine Sonate.

Es sollte in Ermlitz auch nicht die einzige musikgeschichtliche Episode bleiben. Theodors Sohn Heinrich Apel war ein Jugendfreund Richard Wagners, mit dem er bis nach Böhmen reiste. Festgehalten ist die Beziehung aus den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts in Tagebüchern und in 40 Briefen Wagners an Apel. Weitere 1 000 Briefe von verschiedenen Zeitgenossen Apels sind noch kaum gesichtet.

Vertriebene Bewohner

Dies sind die Früchte des an den schönen Künsten orientierten Lebens einer reich gewordenen Leipziger Ratsherrenfamilie. 1771 hatte sie das ehemalige Rittergut der Familie von Bose abgekauft. Es sind die kulturgeschichtlichen Querverbindungen der Apel-Zeit, die Ermlitz aus Ostdeutschlands vielen Schlössern und Herrenhäusern hervorheben. Dafür gibt das Land, auch Toto-Lotto, zumindest symbolische Summen, entscheidend aber ist der Bund. Kulturstaatsministerin Christina Weiß hat Ermlitz in das Programm der "national wertvollen Kulturdenkmäler" aufgenommen. Auch wenn dessen Dauer über 2007 hinaus unsicher ist, zeigt sie den Erfolg von Initiativen, die Ermlitz als "Kultur-Gut" wiederbeleben wollen.

Treibende Kraft ist die Generation der Apels, die 1945 den Hof und ihren gesamten Besitz in der Bodenreform verlor. 2001 haben sie das Gut vom Landkreis Merseburg, der Treuhand-Nachfolge TLG sowie der Bodenverwertungsgesellschaft des Bundes in zähen Verhandlungen abgekauft. Unterstützung kommt vom Förderverein, der 100 Mitglieder zählt.

Vor dem regulären Betrieb steht die Bausanierung. Eine Million Euro wurden bisher investiert, auf vier Millionen wird der Bedarf geschätzt. Große Anstrengungen erfordert der Eigenanteil an den Fördermitteln in Höhe von 15 Prozent.

Erklärtes Ziel - und Basis für die Förderung - ist die tragfähige Gemeinnützigkeit. Dazu wurde eine Gesellschaft gegründet, die das Haus für Konferenzen und gesellige Anlässe vermarkten soll. Auch Konzerte sollen stattfinden, wie jetzt schon gelegentlich. Die "Apelsche Kulturstiftung" wiederum, geleitet von dem 74-jährigen Gerd-Heinrich Apel, forscht nach angestammtem Kulturgut, um es auszustellen. Einiges Mobiliar ist aus den früheren Bodenreformdepots in der halleschen Moritzburg und dem Schloss Wernigerode zurückgekehrt. Im Händel-Haus in Halle fand sich der von Carl Maria von Weber bespielte Brodmann-Flügel.

Schwieriger ist die Frage nach den ehemals 54 Gemälden (zwölf wurden bisher wiedergefunden) und noch mehr nach den einst 18 000 Bänden der Apelschen Bibliothek. Aus der Universitätsbibliothek Halle sind etwa 2 500 davon zurückgekehrt. Davon hat Apel, um die Eigenmittel aufzubringen, einige verkauft. Es schmerzt ihn, sagte er, aber Möbel oder Gemälde will er erst recht nicht preisgeben.

Tapeten des Rokoko

Der kostbarste Kunstschatz hat das Haus aber nie verlassen und harrt einer Restaurierung. In der Beletage verblieb - verdeckt hinter Spanplatten - eine einzigartige Serie barocker Tapeten. Sie zeigen galante Motive und schnörkelige Ornamente der Rokokozeit, ausgeführt in der "Gouache"-Technik deckender Wasserfarben. Es ist im hellen Widerhall dieser stuckverzierten Räume, und im Blick hinaus auf den Park, dass man den Genius loci von Ermlitz wieder einziehen sieht.