Herr der eigenen Töne Herr der eigenen Töne: Jazz-Posaunist Peter Herbolzheimer wird 70
Köln/dpa. - Berührungsängste zur Unterhaltungsmusik hat der Jazz-Posaunist Peter Herbolzheimer nie gehabt. «Ich habe die Neigung zurMelodie, zur Verständlichkeit der Musik», sagt der Posaunist,Komponist und Arrangeur aus Köln, der am Samstag (31. Dezember)seinen 70. Geburtstag feiert. Dem Jazz gehört seine Liebe, dochbekannt geworden ist er durch seine Auftritte in «Bio's Bahnhof»,seine Filmmusiken und die von ihm komponierte Einzugsmusik für dieOlympischen Spiele 1972 in München. Dafür hat Herbolzheimer nicht nureine Goldene Schallplatte, sondern auch das Bundesverdienstkreuzverliehen bekommen.
«Ich habe mich vom Kommerziellen nicht angezogen gefühlt, auchwenn ich nichts dagegen hatte, etwas zu verdienen», sagtHerbolzheimer. Geboren und aufgewachsen ist er in Bukarest. Als 16-Jähriger kam er nach Deutschland, lernte Gitarre spielen und ging1953 für vier Jahre in die USA. «Im Deutschland der 50er Jahre habeich mich nicht wohl gefühl. Alles war grau in grau, die Atmosphäre imVergleich mit Rumänien kalt und unpersönlich», so Herbolzheimer.
In Amerika hat er den Jazz intensiver kennen gelernt, ohne jedochdie Musik schon in den Mittelpunkt seines Lebens zu rücken. Nach demAbitur begann er eine Ausbildung zum Technischen Zeichner in Detroit.«Ich war ein guter Mathematiker und Zeichner und auf Architekturgepolt.» Dies änderte sich bei seiner Rückkehr nach Deutschland, alser 1958 ein Musikstudium in Nürnberg begann und von der Gitarre zurPosaune wechselte.
«Ich hatte einen elektrischen Verstärker, der gekratzt undgescheppert hat. Es war lästig, dass man seinen eigenen Ton nichtformen konnte», erzählt Herbolzheimer. «Deshalb habe ich die Posaunegewählt, um Herr meiner eigenen Töne zu sein.» Ähnlich war seineMotivation, sich nicht nur mit dem Spielen von Musik zu begnügen,sondern sie selbst zu schreiben und zu arrangieren: «Ich gebe zu,gern die Kontrolle über das Ganze zu haben.»
1969 gründete er seine «Rhythm Combination & Brass», die in kurzerZeit zu den besten Bigbands Europas aufstieg und die er bis heuteleitet. Jazz-Größen wie Dizzy Gillespie, Stan Getz, Gerry Mulliganoder der im Juli gestorbene Posaunist Albert Mangelsdorff waren Gästeder RC&B. Herbolzheimers Vorliebe für große Jazz-Ensembles istungebrochen: «Um Klänge zu verwirklichen, ist das große Orchesterprädestinierter als die Combo, da gestaltet man in jedem Konzert neu.In der Bigband schafft man jedoch etwas, das man wiederholen kann.»
Seit 1987 kümmert sich Herbolzheimer nicht mehr allein um seineeigene Karriere, sondern ist auch künstlerischer Leiter desBundesjugend-Jazzorchesters (BuJazzO). «Es ist ein wichtiger Teilmeines Lebens. Ich habe das damals aus Verantwortungsgefühlbegonnen, da es damals an den Hochschulen keine Jazz-Ausbildunggab», sagt er. Inzwischen ist das BuJazzO zur Talentschmiedegeworden, in der etwa der Trompeter Till Brönner spielte. «JederMensch, der heute in Deutschland Jazz macht, kommt aus demOrchester», sagt Herbolzheimer nicht ohne Stolz.
Ein Ende seiner Laufbahn als Solist und Bandleader ist nicht inSicht. «Ich bin dermaßen viel unterwegs in Europa, gebe Konzerte undWorkshops», berichtet der rastlose Künstler, der nicht in Pensiongehen will. «Da ich nie angestellt war, ist mir der Rentner-Gedankenicht vertraut», sagt Herbolzheimer. «Ich kann mir vorstellen, dassich es bis zum letzten Tag mache.»
