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Heinz Bennent Heinz Bennent: «Ich feiere meinen Geburtstag nicht»

Von Hilmar Bahr 17.07.2006, 09:58
Der Schauspieler Heinz Bennent, der in mehr als 150 Rollen glänzte, wird am 18. Juli 85 Jahre alt. (Foto: dpa)
Der Schauspieler Heinz Bennent, der in mehr als 150 Rollen glänzte, wird am 18. Juli 85 Jahre alt. (Foto: dpa) dpa

München/Lausanne/dpa. - «Ich feieremeine Geburtstage nicht», sagt der in einem kleinen Ort bei Lausanne in der Schweiz lebende Darsteller. Das ist keine Eitelkeit, sondern ganz Bennent. Der international gefeierte Theater-, Film- und Fernsehschauspieler, der in mehr als 150 Rollen glänzte, ist ein großer Künstler, aber kein Star. Am 18. Juli wird Heinz Bennent 85 Jahre alt.

Auf Bühnen und vor Kameras arbeitete er mit Regisseuren wie IngmarBergmann, Marcel Pagnol oder Francois Truffaut zusammen und hat sichdoch nie so richtig etabliert, wie er über sich selbst sagt. Anvielen namhaften Theatern von Basel über München bis Hamburg tratBennent auf, aber lange hielt es ihn nirgendwo. Seine Herausforderungsuchte er in den großen Texten, wie in seinem Theaterdebüt 1947 inKarlsruhe mit Schillers «Don Carlos». «Ich war damals ganz stolz»,erinnert sich der in einem kleinen Ort bei Aachen als letztes vonsechs Kindern geborene Rheinländer, und das klingt eher bescheiden.

Genauso unprätentiös sieht Bennent seine spätere Theater- undFilmkarriere an der Seite von berühmten Filmstars wie CatherineDeneuve, Michele Morgan, Claudia Cardinale oder Isabelle Adjani. «Ichspiele gern mit starken Partnern», sagt Bennent. Zu seinen «starkenPartnern» zählt er auch seine mit großem Erfolg schauspielerndenKinder Anne und David. Mit seinem 1966 geborenen Sohn stand er inVolker Schlöndorffs Verfilmung von Günter Grass' «Die Blechtrommel»(1978) vor der Kamera: Vater Heinz als Nazi-Scherge und Sohn Davidals kleinwüchsiger Trommler Oskar Matzerath.

«Von Aischylos bis Beckett habe ich die Weltliteratur gespielt»,sagt Bennent, dem vor allem die Außenseiter, Einsamen, Sonderlingeund Randexistenzen liegen. So sind auch seine größten Erfolge mitRollen verknüpft, die keine strahlenden Lebemenschen darstellen. InTruffauts hoch gelobtem Film «Die letzte Metro» (1980) spielte ereinen von den Nazis verfolgten jüdischen Theaterdirektor in Paris undin der gefeierten Münchner Uraufführung des Botho Strauß-Stücks«Besucher» (1988) einen alten Mimen, den sich das Theater nur nochals Gast leistet.

Geradezu als Sensation gefeiert wurde Bennents Kunst in SamuelBecketts Endzeit-Groteske «Endspiel», in der er zusammen mit SohnDavid auf der Bühne stand. Überhaupt ist ihm das Theater immer nocham liebsten. «Auf der Bühne habe ich alles in der Hand. Dort bestimmeich den Rhythmus» - wie derzeit in seinem jüngsten Projekt, derLesung von Friedrich Hölderlins Briefroman «Hyperion», mit dem erschon halb durch Europa gereist ist. «An Hölderlin kann man ein Lebenlang arbeiten, bis man das Wesentliche trifft. Für mich sind großeTexte und große Autoren eine Beglückung.»

Ans Filmen denkt der mit der französischen Tänzerin Diane Mansartverheiratete Bennent nicht mehr. «Das ist mir zu Zeit raubend.Außerdem kennen die jungen Regisseure mich nicht und ich sie nicht»,sagt der Darsteller, der seit Jahren kein Auto und keinen Fernsehermehr besitzt. «Was im Kino läuft, erzählt mir mein Sohn», sagtBennent, der zuletzt in Rainer Kaufmanns Film «Kalt ist derAbendhauch» (2000) zu sehen war. Großes Lob zollt Bennent vor allemIngmar Bergman, mit dem er «Das Schlangenei» (1977) drehte. «Er warungeheuer menschlich und hat die Leute respektiert.»

Ein Kritiker schrieb einmal: «Heinz Bennent spielt von unten nachoben, von innen nach außen. Die Figuren, die er verkörpert, haben aufwehtuende Weise Manieren und Contenance. Sie benehmen sich tadellos,aber es sind Wölfe, auf deren Schafspelz allein Verlass ist.» NachdemBennent wegen «mangelnden Gehorsams» vom Gymnasium geflogen war, eineSchlosserlehre begonnen und beim Bodenpersonal der Luftwaffe denZweiten Weltkrieg überlebt hatte, legte er mit Unterricht bei KarlMeixner in Göttingen den Grundstein für seine Schauspielkunst, dienun schon seit fast 60 Jahren glänzt.