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"Hart aber fair"-Kritik zum FIFA-Skandal "Hart aber fair"-Kritik zum FIFA-Skandal: Welche Rolle spielt Sepp Blatter wirklich?

Von Lukas Thiele 02.06.2015, 05:13
Frank Plasberg
Frank Plasberg WDR/Klaus Görgen Lizenz

Köln - Die Überleitung in seine Sendung „Hart aber fair“ war für Frank Plasberg nicht gerade schwierig. Kurz zuvor hatte der Hamburger SV gegen den Karlsruher SC zum zweiten Mal in Folge im letzten Moment den Kopf aus der Schlinge gezogen und den Abstieg aus der Fußball-Bundesliga verhindert. Auch wenn noch so viel schief läuft, der Dino will einfach nicht verschwinden. „Der HSV ist der große Gewinner, herzlichen Glückwunsch. Der Gewinner im Fifa-Sumpf heißt Sepp Blatter, herzliches Beileid“, so Plasberg zu Beginn der Sendung.

Zack, schon waren wir im Thema. Denn auch Fifa-Präsident Sepp Blatter ist mit seinen 79 Jahren fast ein Dino, der einfach nicht von der Spitze der Fifa verschwinden will. Aber muss er das überhaupt?

„Der verkaufte Fußball - Macht die Fifa unseren Sport kaputt?“ war die Frage, die Plasberg zur Diskussion stellte. Eine Antwort auf diese Frage gab es nicht, denn sie wurde nicht diskutiert. „Ist Sepp Blatter an allem schuld?“, hätte die Sendung wohl geheißen, wenn der Titel nach der Sendung festgelegt worden wäre.

„Das ist Rowdy-Journalismus“

Seine Gäste hatte Frank Plasberg sorgfältig nach ihrem Standpunkt gegenüber Sepp Blatter und der Fifa sortiert. Ganz rechts saß Hans Leyendecker, Investigativ-Journalist der „Süddeutschen Zeitung“. „Für den Fußball ist es eine kaum auszuhaltende Situation. Das meiste Böse kommt dabei von Sepp Blatter“, polterte er los und bekam prompt Gegenwind von der anderen Seite des Tisches. „Diese Vorverurteilung ist ein Skandal erster Güte. Und das von angeblich seriösen Journalisten. Die Unschuldsvermutung gibt es offensichtlich nicht mehr. Das ist Rowdy-Journalismus“, schimpfte Roger Köppel, Chefredakteur der Schweizer „Weltwoche“ zurück.

Noch weiter links saß Alexander Koch, tätig als stellvertretender Sprecher der Fifa und deshalb damit bemüht, den Namen seines Chefs sauber zu halten. Dazu zog er einen Vergleich zwischen der Fifa und den Vereinten Nationen heran:  „Wenn ein Staatschef Mist baut, sagen auch nicht alle Ban Ki-moon sei schuld.“ „Als Verbandschef muss er aber Verantwortung übernehmen“, sagte Sabine Töpperwien, Sportchefin von WDR2, aus der Mitte der Diskussionsrunde.

„Blatter ist seit 40 Jahren dabei, er hat dieses System aufgebaut“, stimmte Leyendecker zu. Doch Koch erinnert daran, dass die Fifa eben auch für die Entwicklung und die weltweite Förderung des Fußballs verantwortlich sei, vor allem wegen Blatter.

Neuer Verband? Alte Probleme!

Dass in der Fifa nicht immer alles mit rechten Dingen zugeht, gilt als sicher. Aber was kann man tun? Gibt es Alternativen? Plasberg hat deshalb einen Vorschlag des FDP-Politikers Alexander Graf Lambsdorff zur Diskussion gestellt. Der schlug vor, dass die großen Fußballnationen wie Deutschland, Italien und England doch einfach einen neuen Verband gründen sollen, um so die Fifa zu schwächen. Ein Vorschlag, den alle Diskutanten ablehnten. „Wenn man einen neuen Verband gründet, hat man schnell die gleichen Probleme. Wo viel Geld bewegt wird, da gibt es Korruption“, sagte Kabarettist Frank Goosen, in der Sitzordnung zwischen Leyendecker und Töpperwien angesiedelt. Gleichzeitig bemängelte er aber, dass Koch und Köppel Blatter in der aktuellen Diskussion aus der Verantwortung ziehen würden.

Aber was dann? Ein Boykott? 48 Prozent der Teilnehmer haben sich bei einer Umfrage für einen Boykott der Weltmeisterschaften in Russland und Katar ausgesprochen. 41 Prozent haben dagegen gestimmt. „Ein Boykott hat immer etwas Plakatives. Ob es was bringt ist eine andere Frage. Irgendwer verdient immer daran“, sagte Goosen. Die Bild-Zeitung stellte letztens den Vorschlag in den Raum, die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender könnten doch einfach auf den Kauf der TV-Rechte verzichten und damit der Fifa einen Denkzettel verpassen. Koch merkte jedoch an, dass das Geld dann an den falschen Stellen fehlen würde, nämlich bei der Förderung von Fußball in Entwicklungsländern oder bei der nächsten U17-WM.

Blatter ein „Machtmensch“

Gegen Ende konzentrierte sich die Diskussion wieder auf Sepp Blatter. Plasberg zeigte einen Einspieler, in dem Blatter unter anderem folgenden Satz von sich gab: „Ich werde vergeben, aber nicht vergessen“. „Spricht so nicht ein Pate?“, fragte Plasberg. „Der Vergleich mit der Mafia ist eine Unverschämtheit“, entgegnete Alexander Koch entschieden und betonte abermals, dass die Fifa den Fußball auf der ganzen Welt fördern würde. Sein Sitznachbar Köppel stand ihm bei: „Die Fifa war kaputt als Blatter übernahm. Er hat daraus eine Geldmaschine gemacht, er muss also auch etwas richtig gemacht haben.“ „Aber warum hat Blatter nicht schon den Weg für eine jüngere Generation frei gemacht?“, fragte daraufhin Sabine Töpperwien und lieferte die Antwort gleich mit: „Weil er ein Machtmensch ist.“

Ein Foto, das Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Übergabe des Bundesverdienstkreuzes an Blatter zeigt, lenkte die Diskussion zum Schluss auf die WM 2006 in Deutschland. „Nach der heutigen Sendung bin ich mir nicht mehr so sicher, ob Deutschland die WM rechtmäßig bekommen hat“, sagte Köppel und verwies darauf, dass bei der Abstimmung ein Funktionär aus Neuseeland plötzlich den Raum verließ und Deutschland die Abstimmung mit 10:9 Stimmen gewann. War die WM in Deutschland also auch gekauft? Und sollte man Blatter deshalb das Bundesverdienstkreuz wieder abnehmen? Goosen und Köppel drückten sich um eine klare Antwort. Leyendecker sagte entschieden Ja, Töpperwien nein. Und auch Alexander Koch will seinem Chef den Orden nicht abnehmen. Denn auch für den Fall, dass das Turnier nicht rechtmäßig nach Deutschland vergeben wurde, am Ende waren doch alle glücklich.